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"Breaking Bad"-Star Anna Gunn Klagelied der miesesten Ehefrau der Welt

"Breaking Bad"-Star Anna Gunn: Klagelied der miesesten Ehefrau der Welt
In "Breaking Bad" spielt Anna Gunn Skyler White, die Ehefrau der Hauptfigur. Stark, mutig und zutiefst unsympathisch. Kein TV-Geschöpf wird so gehasst wie sie. Nun schüttet Anna Gunn ihr Herz aus.
Von Gernot Kramper

Fünf Jahre sind genug. In der letzten Staffel von "Breaking Bad" platzt Anna Gunn der Kragen. In der "New York Times" kotzt sie über ihr Schicksal ab, als Skyler White die unsympathischste Ehefrau der Welt spielen zu müssen. Skyler vereint schon zu Beginn der Serie alles, was eine Ehehölle ausmacht. Sie bewohnt das wohl hässlichste Haus der Filmgeschichte. Beim Anblick der Sessel bekommt der Zuschauer einen Hautausschlag. Gleich zu Beginn darf er den Gipfel des whiteschen Eheglücks miterleben. Skyler masturbiert ihrem Mann mit der linken Hand, während sie mit der anderen Hand das Notebook bedient und eine Ebay-Auktion verfolgt. Sein grunzendes Gurgeln geht in ihrem spitzen Lustschrei unter, als sie ihre Auktion erfolgreich beendet. 

Das Böse bricht sich Bahn

Wer die Sendung nicht kennt. Skyler Gatte Walter White ist ein armes Würstchen von Chemielehrer, der an Krebs zu sterben droht, und seine Familie mit dem Kochen von Chrystal Meth finanziell absichern will. Im Laufe seiner Drogenkarriere folgt die Serie einer alttestamentarischen Logik: Wer sich mit dem Teufel einlässt, bleibt davon nicht unberührt. In allen Figuren wird das Böse freigesetzt. Walter White entwickelt sich dabei zum Anti-Helden. Weinerlich, aber auch brutal. Im Beruf ein Versager, als Chemiker und Drogenkoch ein Genie. Der Miesnitz kann sich vor Fans kaum retten. Kein Forum ohne den Namen "Heisenberg", so lautet Walters Gangsterpseudonym, oder mit einem Gif mit White-Bart und dem typischen Pork-Pie-Hut aus der Serie.

Skyler hat auch ihre Fans, und die hassen die Frau und die Schauspielerin seit Jahren abgrundtief. Ehrlich gesagt, gehöre ich auch dazu. Den traurigsten Moment in der Serie erlebte ich, als mexikanische Killer mit polierter Axt sich schon in Skylers Heim eingeschlichen hatten, aber unbegreiflicherweise das Haus verließen, ohne ihr ein Haar zu krümmen. Damals ahnte ich: Skyler wird niemals sterben und mich die ganze Serie über begleiten. "Breaking Bad" ist ganz schön böse. Während Skyler davonkommt, muss die ungleich liebenswerte Freundin von Whites Kompagnon, Jesse Pinkman, ungerührt am Erbrochenen ersticken. Das war vermutlich kein Grund zur Freude für Schauspielerin Krysten Ritter, danach war es für sie vorbei mit "Breaking Bad".

Sie lobt Skylers Stärke

Anna Gunn ist eine gestandene TV-Schauspielerin. Sie wird wissen, wie viel Wert es hat, zu den zentralen Figuren der momentan bedeutendsten Kult-Serie der Welt zu gehören. Dennoch setzt ihr der zweifelhafte Ruhm des Alter Ego zu. Sie ist schockiert über Fan-Seiten wie "I Hate Skyler White" auf Facebook. Obwohl sie es besser wusste, konnte Gunn es nicht lassen, sich die Hassergüsse durchzulesen. Sätze wie, Skyler sei eine "kreischende, heuchlerische Hyäne", gehören noch zu den harmlosen Einträgen. Die wirklich schlimmen Sachen stehen ohnehin nicht auf Facebook. Ein Schreiber bringt es auf den Punkt. "Ich habe noch niemals eine TV-Figur so sehr gehasst wie sie."

Anna Gunn hat die Person Skyler White ganz anders wahrgenommen. Skyler habe ein "Rückgrat aus Stahl", schreibt die Schauspielerin in der "New York Times" und sei ein ebenbürtiger Konterpart zu Walter White. Als Schauspielerin und Frau sei sie schockiert, wie viel Hass diese "starke Frau" hervorrufe. Umso mehr, als einfach gestrickte Zuschauer nicht zwischen Schauspielerin und Rolle unterscheiden. Im Internet gibt es Fragen nach dem echten Wohnort von Anna Gunn mit dem Wunsch, der Schauspielerin ein Ende zu bereiten, um auf diesem Wege Skyler aus der Serie zu bekommen. Ernst gemeint war das wohl nicht.

Das Schicksal eines Supporting Actors

Aber ist das jetzt eine Verschwörung gegen starke Frauen im TV? Anna Gunn ist von dem Hass tief verletzt und zu betriebsblind, um das Offenkundige zu erkennen. In "Breaking Bad" gibt es kaum jemand, den man mögen kann. Auch der hartgesottenste Walter-White-Fan wird zugeben, dass sein Held ein ganz mieser Typ ist. Und so stark und eigensinnig Skyler als Frau auch ist, ihre Rolle ist doch festgetackert. Mit Genuss fährt das Drehbuch Skyler immer tiefer in den moralischen Morast. Ein Beispiel: Ihrem Mann hält sie Predigten wegen seines kriminellen Tuns, entwendet aber gleichzeitig sein Drogengeld, um die Schulden ihres Geliebten zu bezahlen. Sie ist die nervige Heimatfront der Hauptperson Walter. Draußen setzt ihm die Dealerkonkurrenz zu, daheim sitzt ihm Skyler im Nacken. Sie muss immer noch unsympathischer als der fürchterliche Walter sein, damit der kriminelle Egomane auch mal leiden darf.

Trost könnte Anna Gunn in der Filmgeschichte finden. Es gab schon einmal einen "man you love to hate". Erich von Stroheim als miesen Frauenverführer mochte niemand, aber der wurde mir dieser Masche einer der einflussreichsten Regisseure seiner Zeit. Vielleicht ist der Artikel auch nur der Aufschrei einer gequälten Schauspielerseele, mit dem Anna Gunn eine ganz reale Bedrohung abwehren will: Nämlich, dass ihr in Zukunft nur noch noch Rollen als miese Ehefrau angeboten werden.

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