"Ein Schatüllchen für irgendwas", mutmaßt Horst Lichter, als er die unscheinbare Dose sieht. Doch damit liegt er völlig daneben. Denn das Objekt, das Gerd Lönnig aus Büren bei "Bares für Rares" verkaufen möchte, ist eine filigrane Spieluhr. Das Besondere: Legt man einen kleinen Hebel um, kommt ein Vögelchen zum Vorschein, das zu zwitschern beginnt. "Hübsch ist er", findet Lichter. Doch nicht nur das. Die Spieluhr ist ein aufwendiges Kunsthandwerk.
"Da haben gleich zwei Leute daran gearbeitet", erklärt "Bares für Rares"-Experte Sven Deutschmanek. Die Mechanik für die Spieluhr stamme von Carl Griesbaum aus Triberg, der für seine Singvogelautomaten bekannt wurde. "Er hat einen Miniblasebalg entwickelt, der Stimmvögel imitieren konnte", sagt Deutschmanek. Die eigentliche Dose, die um 1910 aus Silber gefertigt wurde, habe Ferdinand Henssler in Hanau hergestellt. Für den filigranen Vogel habe er sogar echte Kolibri-Federn verarbeitet. "Die hat er aus Südafrika importiert."
"Bares für Rares"-Experte liegt weit über Wunschpreis
Doch eine Sache gefällt dem Experten gar nicht: "Hier hat einer kräftig geputzt", bemängelt Deutschmanek, "vermutlich sogar mit einer Poliermaschine." Dadurch sei das Silber angegriffen worden. Trotzdem sei die Spieluhr "wunderschön". Zudem sei der Original-Aufzugschlüssel in Form eines Vogels noch vorhanden. "Sonst hätte ich den Hersteller nicht zurückverfolgen können."
Verkäufer Lönnig, der die Spieluhr geschenkt bekam, möchte den Erlös spenden. "Ich dachte so an 200 bis 300 Euro", nennt er seine Preisvorstellung. "Das ist in Ordnung", sagt Deutschmanek – wenn er noch 1000 Euro obendrauf lege. Denn die Expertise bewegt sich zwischen 1200 bis 1500 Euro. "Das find ich super", freut sich Lönnig. Doch die Händler sind bereit, noch viel mehr zu bezahlen.

"Das ist eine sehr schöne Dose", urteilt Händler Wolfgang Pauritsch, der den Wert des Objekts sofort erkennt. Selbst Walter "Waldi" Lehnertz traut sich nicht, mit seinem Standardgebot von 80 Euro zu starten, sondern beginnt bei 500 Euro. Pauritsch verdoppelt auf 1000 Euro. Bei 1800 Euro greift Elke Velten-Tönnies ins Geschehen ein. "Ich habe keine Ahnung wie hoch das gehandelt wird. Was sagte denn die Expertise", will Julian Schmitz-Avila wissen. Doch Verkäufer Lönnig weiß, dass der Schätzpreis längst erreicht ist und antwortet geschickt: "Dazu sage ich nichts." Pauritsch lässt sich davon nicht beirren. Mit 2500 Euro sticht er alle anderen Händler aus und erhält den Zuschlag.
Damit erzielt Lönnig 2300 Euro mehr als seine eigentliche Schmerzgrenze war. "Ich habe im Stillen gehofft, 500 Euro zu bekommen", sagt er. Mit 2500 Euro habe er niemals gerechnet. Deshalb freue er sich umso mehr. "Eine tolle Sache."