"Deutschland sucht den Superstar" Verschollen im Mittelmaß

  • von Sylvie-Sophie Schindler
Brüste quellen aus ihrem Glitzerkleidchen - doch Monika fliegt raus. Und sonst? Bei der 7. Mottoshow von DSDS bleiben die Highlights leider aus. Thomas zieht die "Arschkarte", Fady macht auf Julio Iglesias und Linda pendelt zwischen "Quakfrosch-Niveau" und "Viagra-Kind."

Als die Erde wüst und leer war und der Herr sein Werk begann, da war Finsternis über den Abgründen, und der Herr sprach: es werde Licht! Und es ward Licht. Damals hatte der Herr noch nicht ahnen können, was es für ein Gedrängel geben wird, weil junge Menschen unbedingt dorthin wollen: ans Licht. Alle Welt soll sie sehen. Und nein, es reichen längst nicht mehr die 15 Minuten Ruhm wie sie einst Pop-Art-Künstler Andy Warhol für jedermann prognostizierte. Früher, beispielsweise in den 70er-Jahren, hat man zwar auch von einem Leben à la Mick Jagger geträumt, aber diese Hirngespinste waren irgendwann passé, das Haus wurde gebaut, der Baum gepflanzt, das Kind gezeugt. Heute kriegt man nicht mehr so leicht die Kurve. Das Fernsehen lockt mit dem Versprechen, in Castingshows so genannte Superstars in Serie zu produzieren. Und auch auf Eltern ist kein Verlass mehr. Inzwischen gibt es Mamas und Papas, die einem nicht mehr unbedingt eine Karriere als Arzt oder Rechtsanwalt einreden, sondern darauf drängen, ihr Sprössling möge sich doch bitteschön bei "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) bewerben.

Daraus ergeben sich folgende Fragen: Was ist mit Deutschlands Eltern los? Und was mit seinen Kindern? Und warum sucht dieses Land eigentlich einen Superstar? Was nicht so leicht zu beantworten ist. Und überhaupt gibt es dringendere Fragen. Zum Beispiel: Wer darf ins DSDS-Halbfinale? Monika Ivkic jedenfalls darf nicht. Da half auch kein Mini-Glitzerkleidchen aus dessen Ausschnitt die Brüste fast heraus hüpften - die Zuschauer wählten die 18-Jährige raus. Und Juror Bär Läsker urteilte: " Ich habe das Gefühl, dass du aufgegeben hast, du hast die Power verloren. Und wer bremst, verliert." Ob Monika, die bereits vor ihrem Rausschmiss befürchtete, sie werde in ein tiefes Loch fallen, Trost in den Armen von Ex-Kandidat Collins Owusu findet? Die beiden sollen eine Liebesaffäre haben. Die Gerüchte sind noch unbestätigt und auch der "innovative" Moderator Marco Schreyl konnte kein Geständnis aus Monika herausquetschen. Kein Wunder, sein Versuch, an die gewünschte Information zu kommen, war ebenso unbeholfen wie seine Überleitungen von einem Thema zum anderen.

"Die schlimmste Arschkarte"

Das Thema der 7. Mottoshow lautete "Hits aus Deutschland und England". Mit der Interpretation von Herbert Grönemeyers Hit "Mensch" hatte Kandidat Thomas Godoj laut Bär Läsker "die schlimmste Arschkarte" gezogen. Tatsächlich: das typische Grönemeyer-Nuscheln hatte der Recklinghausener Sonnyboy einfach nicht drauf. Stattdessen gab es eine Tanzeinlage, die Juror Dieter Bohlen nicht als solche erkannte, sondern kommentierte: "Ich dachte, du hättest einen Schlag gekriegt." Schützenhilfe gab es von Anja Lukaseder. "Gigantisch, melodiöser als das Original", urteilte die Musikmanagerin, die am Samstag ihren 41. Geburtstag feierte. Auch Bär Läsker war überzeugt von Thomas und schwärmte über dessen "einzigartige Stimmfarbe". Eine Drehung um 180 Grad. Thomas Godojs ersten Auftritt mit "Wonderwall" von Oasis betitelte Läsker noch als "Bullenscheiße".

Ach ja, Neueinsteigern sei noch verraten: Kritik, die die Kandidaten weiterbringt, gibt es in dieser Show nicht. Es gibt nur das: in den Himmel hochjubeln oder in der Luft zerreißen. Ein optimales Förderprogramm zur Schwarz-Weiss-Denke. Auch sonst ist das Konzept einfach gestrickt: Einer singt, ein anderer kommentiert, das Publikum brüllt wie am Spieß, was der Moderator sagt, ist sowieso egal und zwischendurch gibt es Werbung satt. Die Angelegenheit ist beinahe so aufregend wie ein Sonntagnachmittag bei Verwandten. Fast wünscht man sich ein paar hundert Kakerlaken herbei, die in anderen Sendungen für den ersehnten Trash-Faktor sorgen. Wenigstens, und das ist ein gewisser Schocker, gibt es die mitgereisten Familienangehörigen der Kandidaten, die völlig außer Rand und Band geraten, knallrote Kitsch-Herzen aus Pappkarton in die Luft halten und sich in lächerlichen T-Shirts zeigen. Allen voran der Papa von Linda Teodosiu, der ein T-Shirt trug, auf dem seine 16jährige Tochter aufgedruckt war - in einem goldfarbenen BH. Frage: Wünscht sich ein Jugendlicher von heute wirklich, dass die Eltern die eigenen Groupies sind?

"Mein Ohrenschmalz ist geschmolzen"

Über Geschmack lässt sich streiten. Auch über Fady Maalouf. Wer kein Faible hat für Schmalz à la Julio Iglesias, der hört lieber weg, wenn der 28-Jährige ins Mikrofon säuselt. Andererseits, sein französischer Akzent hat Charme, gerade bei deutschen Songs, wie beispielsweise "Wenn ein Lied" von den Söhnen Mannheims. Die Jury hat Fady längst um den Finger gewickelt. Dieter Bohlen schwärmte: "Du hast es wieder geschafft, mein Ohrenschmalz ist schon wieder geschmolzen. Das ist Wahnsinn. Es kommt immer Gefühl rüber und das ist wirklich unbezahlbar." Anja Lukaseder lobte: "Du hast dir mal wieder selbst die Krone zum Balladenkönig aufgesetzt." Und Bär Läsker jubelte: "Große Show."

Das Maximum an Begeisterung war damit allerdings noch nicht erreicht. Die blonde Linda tänzelte in einem blauen Kleidchen an und interpretierte "Mercy" von Duffy. Dieter Bohlen wirkte nach diesem Auftritt wie einer, der zu viel Energy-Drinks in sich hineingeschüttet hatte und setzte zu einer Lobeshymne an: "Ich fand das voll geil. Du bist ein Viagra-Kind - du willst immer nach oben! Das war der beste Auftritt heute Abend." Anders urteilte der Juror hingegen über ihre Version des Silbermond-Stücks "Durch die Nacht": "Das war so ein bisschen Quak-Frosch-Niveau." Einmal Top, einmal Flop - kein Wunder, dass Linda, als die Ergebnisse vorgelesen wurden, völlig verunsichert war und ihre langen Fingernägel vor Aufregung in die Sitzcouch bohrte. Auch ihr XXL-Lächeln war plötzlich verschwunden. Stattdessen setzte sie ein Gesicht auf, dass man sich schon in einer anderen Sendung wähnte - bei "Deutschland sucht den Super-Miesepeter." Man mag sich nicht ausmalen, was passiert, wenn Linda tatsächlich rausfliegen sollte. Garantiert gibt es dann das, was die Juroren bei den Auftritten der Kandidaten am meisten vermissen: Emotionen.

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