Die Affäre um Jan Böhmermanns Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Erdogan ist in den USA weiter ein großes Medienthema: Nachdem bereits die "Washington Post" über den Fall berichtet und der Late-Night-Talker John Oliver das Thema in seiner Fernsehshow ebenfalls aufgegriffen hatte, schafft der deutsche Satiriker jetzt den Sprung in ein weiteres Leitmedium - die renommierte "New York Times" verurteilt die Strafverfolgung des ZDF-Moderators als "falsches Signal an die Türkei".
Schon die Washington Post hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr "Geschwafel" kritisiert, jetzt legt die "NYT" in einem Leitartikel nach: Das unmittelbare Problem sei mit einem Strafverfahren zwar gelöst, gleichzeitig werde damit aber ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Die Zeitung vergleicht Merkel mit einem Erpressungsopfer, das Lösegeld an Erdogan zahlt: "Merkel musste sich entscheiden, ob sie Erdogans unverschämter Forderung nachkommt oder einen Deal mit der Türkei verspielt, der etwas Erleichterung in der Flüchtlingskrise verspricht."
Jan Böhmermann und die Freiheit der Verhöhnung
In diesem Dilemma habe Merkel die falsche Entscheidung getroffen, Meinungsfreiheit sei mit Autokraten, Diktatoren und Tyrannen nicht verhandelbar. Das hätte sie "Herrn Erdogan" deutlich machen müssen, so die Zeitung. "Die Freiheit, politische Führer – oder Religionen wie im Falle von Charlie Hebdo – zu verhöhnen, ist eine der kritischen Unterschiede zwischen liberalen Demokratien und autoritären Staaten."
