Medienposse Kreuzritter überall: "Berliner Zeitung" kabbelt sich mit Jan Böhmermann

  • von Moritz Hackl
Jan Böhmermann
Viel Feind, viel Ehr: Satiriker Jan Böhmermann 
© Andreas Rentz / Getty Images
Die "Berliner Zeitung" schnüffelt in bester Hobby-Detektiv-Manier hinter Jan Böhmermann her und deckt Überraschendes auf. Der Satiriker schlägt zurück.

Jan Böhmermann ist nicht nur Fernsehmoderator, Podcaster und Teilzeitrapper, sondern neuerdings auch Kreuzritter. Zumindest, wenn man einem im Duktus größter Betroffenheit verfassten Artikel der "Berliner Zeitung" glauben möchte. Böhmi befinde sich auf einem Kreuzzug gegen unabhängige Medien, schreibt die. Und die Krone: Das möchte er sich jetzt auch noch von Steuergeldern finanzieren lassen! 

Es ist ein bisschen schwer, zusammenzufassen, was in dem Text unter dem Titel "Böhmermanns dubiose Geschäfte: Ist auch Steuergeld im Spiel?" vor sich geht, weil er anfangs so tut, als würde er etwas aufdecken wollen, später aber wie die verschriftlichte Version einer beleidigten Sprachnachricht eines angetrunkenen Teenagers klingt.

Jan Böhmermann und die Finanzierung seiner Ausstellung

Aber ein Versuch: Jan Böhmermann hat im Haus der Kulturen der Welt in Berlin eine Ausstellung angekündigt, die vom 27. September bis zum 19. Oktober 2025 laufen wird. Der Name: "Die Möglichkeit der Unvernunft". Diese umfasst ein von Böhmermann kuratiertes Kunst- und Kulturprogramm, sogenannte Kanzleramtskonzerte und zum Abschluss ein 24-stündiges Live-Programm.

Es werden Künstler wie Blumengarten, Fuffifufzich und Blond auftreten. Das Programm sei für alle, die Kunst erleben wollen, bevor sie etikettiert, editiert oder erklärt wurde. Es soll Gespräche zwischen Böhmermann und dem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer geben, außerdem mit dem Anwalt Christian Schertz.

Dann folgt der Investigativ-Hammer: Die Beteiligten wollten über die Finanzierung der Ausstellung lieber schweigen, schreibt die "Berliner Zeitung". Allerdings gehöre das Haus der Kulturen der Welt zur KBB, der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH, die aus dem Etat des Kulturstaatsministers finanziert werde. "Eine Sprecherin des Ministeriums behauptete in einer Antwort an 'Nius', die Ausstellung selbst werde nicht gesondert gefördert", enthüllt das Blatt. "Sie räumte jedoch ein, dass das HKW mit rund 57 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt finanziert werde."

Der Eklat hat wenig Gehalt

Herausgefunden hat man natürlich gar nichts, außer, dass Orte der Kultur staatlich gefördert werden. Es ist zwar schön, dass das jetzt auch Redakteure der "Berliner Zeitung" wissen, ein Skandal ist es aber nicht. Aber weil der detektivische Eifer, der aus diesen Sätzen spricht, so rührend ist, seien sie hier auch zitiert: "Da die Ankündigung der Veranstaltung auf HKW-Briefpapier erfolgte, ist klar: Der Steuerzahler finanziert Böhmermanns Auftritte mindestens mit." Leider steht nicht im Text, wessen Fingerabdrücke auf dem Papier waren, aber das kann ja noch werden.

Dann nimmt der Text eine abrupte Wendung: Die "Berliner Zeitung" hat nämlich einen Fragenkatalog von Böhmermanns Team erhalten. "Zeitgleich mit unseren Anfragen schickte Jan Böhmermann einige 'Fragen' an die 'Berliner Zeitung', in denen der Satiriker einzelne Redakteure dieser Zeitung attackiert und ihr unterschwellig eine finstere russisch-ungarische Verschwörung andichtet", schreibt das Blatt.

Aber weil das Medium schlechte Erfahrungen mit solchen Katalogen gemacht habe, weil etwa die "FAZ" oder der "Spiegel" ihre Antworten "sinnentstellend wiedergegeben" hätten, nutzt die Redaktion der "Berliner Zeitung" den offenbar freigebliebenen Platz im Layout der Zeitung, um die Fragen samt Antworten offenzulegen.

Das sind – wir nutzen sicherheitshalber auch mal die Anführungszeichen um das Wort, vielleicht haben wir nämlich, anders als die Redaktion, noch nicht verstanden, was es bedeutet – "Fragen" wie: Welchen redaktionellen Nutzen man darin sehe, dass Holger Friedrich, Verleger der "Berliner Zeitung", sich zu einem Gespräch mit dem autokratisch herrschenden Ungarn Victor Orban getroffen habe. Und weitere dieser Art.

So. Irgendwie beschleicht einen dann doch der Verdacht: Möglicherweise ist Jan Böhmermann gar nicht der Kreuzritter in dieser Geschichte, sondern vielleicht doch die Redaktion der "Berliner Zeitung". Nur eine Idee.

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