Kühn kuckt - die TV-Kolumne Von Mäusen und Menschen

Caren Miosga moderiert zum ersten Mal die "Tagesthemen". stern-Redakteur Alexander Kühn drückt ihr die Daumen - und erinnert an die Anfangsschwierigkeiten von Hajo Friedrichs, Ulrich Wickert und Sabine Christiansen.

Selbstverständlich halten wir alle Daumen gedrückt, heute abend, ab 22.15 Uhr. Weil wir Caren Miosga immer gern gesehen haben - im Medienmagazin "Zapp", wo sie selbst einen Michel Friedman mit warmherziger Hartnäckigkeit auflaufen ließ, und auch bei "titel, thesen, temperamente".

Toi, toi, toi also! Aber keinen Druck bitte! Sollte sie ihre ersten "Tagesthemen" verhageln: Es wäre kein Drama. Auch dem großen Hanns-Joachim Friedrichs, dem unter Journalisten eine Verehrung zuteil wird wie dem weißbärtigen Schulleiter Dumbledore in der Zauberschule Hogwarts, war die Premiere gründlich misslungen. Nach seinen ersten "Tagesthemen" am 14. Oktober 1985 saß er bei seiner Ilse zuhause auf der Couch und ärgerte sich. "Ziemlich blasse Texte, keine originelle Frage, hastige Stimmführung, zwei Versprecher", erinnerte er sich später in seiner Autobiografie. "Da saß ein Moderator, dessen vermeintlich beste Eigenschaft, nämlich auch in schwierigen Lagen die Nerven zu behalten, ihn soeben verlassen hatte."

Christiansen schrieb Bandwurmsätze

Friedrichs fand schnell zu seiner Souveränität zurück. Seiner Größe war er sich durchaus bewusst. Als 1987 die vormalige Stewardess Sabine Christiansen ihren abendlichen Dienst begann, so erzählt man sich, ließ Friedrichs als erstes das gemeinsame Sekretariat trennen. Christiansen hatte es richtig schwer, mit ihren 29 Jahren. Die von ihr verfassten Moderationen mussten öfter mal neu geschrieben werden: Bandwurmsätze waren es, ohne Saft und Kraft. Im Funkhaus hieß sie "die Maus", worauf der "Spiegel" in einem Artikel die "Tagesthemen" umbenannte in "Die Sendung mit der Maus".

Friedrichs soll mit Christiansen anfangs nicht einmal gesprochen haben. Dafür redete er über sie, und nichts Gutes. In seinem letzten großen Interview, erschienen in der Woche seines Todes, tat er kund: "Die hat wirklich an sich gearbeitet, da gibt's nix. Sie macht fast nur fehlerfreie Sendungen." Ein Lob hört sich anders an.

Ulrich Wickert, der von 1991 an Friedrichs ersetzte, kam ebenfalls schwer in die Gänge. Anfangs habe er, so kritisierte Wickert sich selbst, "auf einem zu hohen Stuhl gesessen" und "wie Dracula geguckt". Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb nach seiner ersten Sendung, er erinnere an einen Lehramtsreferendar. Erst allmählich fand er zu seinem lässigen Plauderton. Und machte seinen Vorgänger bald vergessen. Mit zunehmendem Alter jedoch häuften sich die Verhaspler; Wickerts Aussprache ließ den Verdacht aufkommen, der alte Bonvivant habe ein Stückchen Baguette oder ein Eckchen Roquefort in den Backentaschen gebunkert.

Das Nettsein degradiert Buhrow zum "Blassen"

Als ihm nun im September 2006 Tom Buhrow nachfolgte, geschah Folgendes: Die Kritiker, die vorher auf dem frankophilen Weltphilosophen Wickert herumgehackt hatten, machten dem Nachfolger dessen Anderssein zum Vorwurf. Weil Buhrow als kundiger Nachbar von nebenan daherkommt, dem man, würde er an der Tür klingeln, jederzeit gern mit Wasserwaage oder Bohrmaschine aushälfe, nannte der "Tagesspiegel" ihn: "Der Blasse".

Vielleicht muss das so sein. Gabi Bauer folgte auf Sabine Christiansen und Anne Will auf Gabi Bauer - jedes Mal reagierte die Presse mit der entsetzten Frage: Kann die Neue das so gut wie die Alte? Und schwupps, kurze Zeit später, ward die Neue zur Ikone erhoben.

Also: Kann die Miosga das? Am Dienstag werden wir es im Internet lesen, am Mittwoch in den Zeitungen. Ob sie so charmant lächelt wie ihre Vorgängerin. So neckisch die Augenbrauen lüpft. Und wie kritisch sie gefragt hat. Tom Buhrow, und das ist schon mal beruhigend, ist von der neuen Kollegin begeistert. "Ich glaube, Caren und ich passen gut zusammen", sagte er jüngst im stern. "Wir sind uns ziemlich ähnlich: zwei völlig normale Typen."

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