Über zwei Milliarden Zuschauer saßen am 28. Juli 1984 vor dem Fernseher. Sie wollten die Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Los Angeles sehen. Schon nach wenigen Minuten war klar, dass es keine herkömmliche Zeremonie werden würde. Nachdem vier Jahre zuvor Moskau mit einer prächtigen Feier vorgelegt hatte, wollten die Amerikaner einen draufsetzen. Wie? Mit einem fliegenden Menschen.
"Keine Seile, keine Tricks", rief der Kommentator im US-Fernsehen begeistert, als William P. Suitor in den Himmel abhob. Ein Raunen ging durch die Menschenmenge der knapp 100.000 im Olympiastadion in Los Angeles. Suitors Flug mit Hilfe eines Raketenrucksacks dauerte nur 16 Sekunden, doch er schrieb damit Geschichte.
"Es war heiß, es war sehr heiß", sagte der Pilot später über den Juli-Sommertag. "Ich erinnere mich, wie alle Fotos mit mir machen wollten." Dann, kurz vorm Start, sei er doch nervös geworden. "Was passiert, wenn ich mich auf den Hintern lege und die ganze Welt zuschaut?" Doch es ging alles gut. Die Welt staunte. "Der verrückte Flug des Raketenmannes", titelte die "Bild"-Zeitung am Tag darauf. In den US-Medien wurde Suitor, der damals 38 Jahre alt war, als Held gefeiert. Er war fortan der "Rocketman".
"Raketenmann" wirkte bereits bei James Bond mit
Neu war die Technologie allerdings nicht. 1965 war der Raketenrucksack zum ersten Mal im James-Bond-Film "Thunderball" zu sehen. Der Geheimagent entkommt mit Hilfe des Düsenantriebs. Schon damals war Bill Suitor einer von zwei Stuntmännern, die das Gerät steuerten. Auch zu dieser Zeit dauerten die einzelnen Flüge jeweils nur ein paar Sekunden und wurden dann aneinander geschnitten. Erst 19 Jahre später sollte Suiters Flug vor einem Milliarden-Live-Publikum folgen.
Reich wurde der Testpilot mit seinem spektakulären Auftritt allerdings nicht. "Ich habe 1000 Dollar dafür erhalten", verriet er hinterher. Obwohl er Teil der Eröffnungsshow war, habe er nicht mal Tickets für die Wettbewerbe erhalten. Trotzdem sei der Flug bei den Olympischen Spielen der Moment seines Lebens gewesen. Für viele Zuschauer ist es bis heute die spektakulärste Szene einer Eröffnungsfeier.