ARD-Krimi im Check Pflegeheim-Krimi "Tatort: Der Elektriker": Wie geht man mit dem Älterwerden um?

  • von Eric Leimann
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer, links) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) lassen sich im "Tatort: Der Elektriker" vom leitende Pfleger Horst Windisch (Michael Edlinger) die angespannte Situation im Altersheim erklären.
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer, links) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) lassen sich im "Tatort: Der Elektriker" vom leitende Pfleger Horst Windisch (Michael Edlinger) die angespannte Situation im Altersheim erklären.
©  ORF/Petro Domenigg
Die Wiener Kultermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) verabschieden sich Ende 2026 vom Publikum. Ihr drittletzter Fall, "Tatort: Der Elektriker", gab nun schon mal einen Vorgeschmack darauf, wie sich die Mittsechziger-Freunde im Alter und Ruhestand sehen.

Die Alten gehen beim "Tatort": Axel Milberg hörte 2025 als Kommissar Klaus Borowski in Kiel auf. Auch Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl beenden 2026 nach 35 Jahren mit dem Doppel-Fall 99 und 100 ihre Einsätze als Ivo Batic und Franz Leitmayr in München. In Wien ermitteln Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ebenfalls nur noch bis Ende 2026.

Zweimal wird man die lässig über das Leben philosophierenden Freunde noch sehen – dann ist Schluss. Passend dazu kombiniert das Kammerspiel "Tatort: Der Elektriker" schon mal ein Krimirätsel im Altersheim mit einer Studie über das Älterwerden. Was haben die Kultschauspieler Harald Krassnitzer (65) und Adele Neuhauser (66) dazu zu sagen?

Worum ging es?

Altersheimbewohner Danijel Filipovic (Roman Frankl), der ehemalige Haustechniker, schimpfte gegen alles, was ihm begegnete. Selbst Tochter Linda (Gabriela García-Vargas) konnte ihren Vater nicht besonders gut leiden. Sie kam deshalb extra stets am Badetag zu Besuch – um die Zeit mit dem Griesgram zu minimieren. Ein solcher Badetag verlief dann tragisch: Als der Pfleger den Patienten freischwebend im Hebelift über der Wanne für den Badegang vorbereitete, fiel nach einem Rauchalarm der Strom im Haus aus.

Hektisch liefen Menschen durch Gänge, jeder von ihnen reagierte in irgendeiner Weise auf den Notfall. Als sich alles wieder beruhigt hatte, lag Filipovic tot in der Badewanne. Wer hatte den Hebelift bewegt? Oder war es gar ein Unfall? Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermittelten unter Alten, Kranken und Siechen im Pflegeheim.

Worum ging es wirklich?

Würde ein deutscher "Tatort" im Pflegeheim spielen, sähe man wahrscheinlich ein Sozialdrama rund um Pflegenotstand und Alterseinsamkeit. Nicht so, wenn ein solcher Stoff aus Österreich kommt. Das Drehbuch von Roland Hablesreiter und Petra Ladinigg kombinieren einen klassischen Agatha Christie-Rätselstoff, der auch ein bisschen an das Brettspiel Cluedo erinnert, mit verschmitzten Porträts älterer Menschen in einem Heim (ja, auch Pflegenotstand kommt vor).

Hinzu kommt das Spoiler-Thema des Krimi-Finales, dass auch Kriegsverbrecher irgendwann mal pflegebedürftig werden und eventuell auf ihre Gepeinigten treffen. Nach dem Motto: Man sieht sich immer zweimal im Leben. Jedes der drei Themen wäre an sich ein eigener Film. Dass Bibis und Moritz' drittletzter Fall, der übrigens in einem Wiener Blindenheim kurz vor dessen Eröffnung gedreht wurde, all diese Themen harmonisch zusammenfügt, macht diesen leisen "Tatort" zu einem gelungenen.

Was sagen die Schauspieler über das Älterwerden?

Moritz und Bibi sind selbst nicht mehr die Jüngsten. Manche der Heimbewohner, unter denen sie ermitteln, sind kaum zehn Jahre älter als die beiden. Moritz trifft im Heim auf Jugendliebe Sandra (Martina Spitzer) die schwer krank im Rollstuhl sitzt. Anfangs will er den Kontakt zu ihr oberflächlich halten – doch da interveniert Bibi. Schauspielerin Adele Neuhauser sagt: "Ich glaube, dahinter steckt das männliche Prinzip von Kraft und Stärke, der Glaube, den Körper auf ewig beherrschen zu können. Frauen sind da mehr dem Verfall ausgeliefert. Die Veränderungen werden schneller sichtbar."

Auch Harald Krassnitzer hat der Film nachdenklich gemacht: "Wir folgen einem Gesellschaftsmodell, wonach wir im Alter darauf hoffen dürfen, die Früchte eines arbeitsreichen Lebens zu ernten. Aber was passiert, wenn man als Pflegefall in ein Heim kommt? Dann stellt man plötzlich fest, dass die Früchte nur dazu da sind, um zu überleben, nicht mehr, um zu genießen."

Krassnitzer, der mit seiner Frau Ann-Kathrin Kramer 2024 das Fernsehspiel "Aus dem Leben" über häusliche Pflege eines Partners drehte, plädiert für eine Pflege daheim – wenn es den Angehörigen möglich ist. Darüber hinaus würde Krassnitzer die Idee eines "sozialen Jahres" für Rentner gutheißen: "Wenn wir die Alten nicht weiter in die Gesellschaft mit einbinden und ihnen eine Aufgabe geben, das zeigen etliche Studien, dann bauen sie deutlich früher ab."

Warum hören Krassnitzer und Neuhauser auf?

Kommissar Eisner debütierte 1999 im "Tatort: Nie wieder Oper" und ging danach lange mit wechselnden Kolleginnen und Kollegen auf Täterfang. Bibi Fellner stieß 2011 im "Tatort: Vergeltung" dazu und wich Moritz Eisner nicht mehr von der Seite. Ihren gemeinsamen Abschied verkündete der ORF am 14. April 2025 über Social Media.

In einer dem Post folgenden Pressemitteilung sagt Harald Krassnitzer: "Es war ein sehr gute, sehr spannende, sehr kreative Zeit mit Adele, mit Bibi und Moritz! Jetzt ist es der absolut richtige Zeitpunkt, dass wir uns verabschieden. Besser wird es nicht mehr! Und es ist ein sehr gutes Gefühl, das alles noch selbstbestimmt entscheiden zu können. Also loslassen und aufbrechen in den nächsten Lebenszyklus."

Auch Kollegin Neuhauser äußert sich ähnlich: "Es war eine symbiotische und zutiefst freundschaftliche Zusammenarbeit mit Harry und ich möchte keine Sekunde davon missen. Aber wenn es am schönsten ist, ist es Zeit für neue Abenteuer!"

Wie geht es beim Wiener "Tatort" weiter?

Zwei "Tatort"-Folgen mit Moritz und Bibi laufen noch 2026. Sie tragen die Titel "Gegen die Zeit" und "Dann sind wir Helden". Mittlerweile wurde bekannt, wer den Kult-Ermittlern nachfolgt: Ab 2027 übernehmen Miriam Fussenegger (35) und Laurence Rupp (38) den Job. Sie schlüpfen in die Rollen Charlotte "Charlie" Hahn und Alex Maleky, die als Halbgeschwister zusammenarbeiten. Dreharbeiten beginnen voraussichtlich im Frühjahr 2026.

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