Hilfe, wir wollen unseren Kalkofe zurück! Was ist bloß mit dem schnoddrig schlecht gelaunten Fernsehpöbler passiert, der in "Kalkofes Mattscheibe" so lange wortungetüm über TV-Unverschämtheiten schimpfte, bis nichts mehr davon übrig war? Kalkofe war die Kläranlage des deutschen Fernsehens, durch die der ganze Unrat durch musste, um aufgearbeitet zu werden und ihn für den Ottonormalzuschauer erträglich zu machen. Er hat es immer hingekriegt: mit jedem dusseligen Volksmusik-Jodler, jedem Teleshopping-Grinsepüppchen und auch noch mit den schlimmsten Boulevardzombies.
Das hält irgendwann selbst der stärkste Mann nicht mehr durch. Jetzt hat Oliver Kalkofe sich assimilieren lassen. In einem Moment der Unachtsamkeit muss er den Vertrag unterschrieben haben, der ihn dazu verpflichtete, in der neuen ProSieben-Panelshow "Besserwisser" mitzumachen. Nachher wird er es bereut haben. Aber wer einmal der Pro-Sieben-Star-Force beigetreten ist, den lässt man dort so schnell nicht mehr weg: Mitgliedschaft auf Lebenszeit.
Ein Affe im Pullunder
Nun sitzt das ehemalige Idol aller ehrlichen Fernsehspötter selbst in einer der Shows, die er früher auf den Arm genommen hätte. Es geht darum, Antworten auf Fragen zu geben, die niemanden interessieren, damit "IQ-Punkte" zu sammeln und in der Schlussrunde gegen einen Schimpansen anzutreten. Dem hat ein lustiger Redakteur einen Pullunder angezogen, um ihn "Dr. Czimp" zu nennen und so zu tun als sei er höchst intelligent. Ist er vermutlich auch. Deshalb interessiert sich der Affendoc meist herzlich wenig für das von seinen Artgenossen veranstaltete Theater.
Sendetermin:
"Besserwisser" mit Oliver Welke, Oliver Kalkofe, Elton und Rategästen läuft dienstags bei ProSieben gegen 22.15 Uhr.
Jetzt könnte man "Besserwisser – Die Show des unnützen Wissens" wohlwollend als Parodie der Panel- und Quizshow-Schwemme durchgehen lassen, die das Fernsehen in den vergangenen Jahren überspült hat. Aber Parodien, das weiß einer wie Kalkofe am besten, zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie das Objekt, mit dem sie sich auseinandersetzen, im besten Falle intelligent überzeichnen. Und nicht einfach bloß öde imitieren.
Späte Reaktion auf "Genial daneben"
Mag ja sein, dass es Zeitgenossen gibt, die wissen wollen, dass Bill Clinton bis zu seinem 22. Geburtstag kein Fahhrad fahren konnte, Einstein ungern Socken trug und "Playboy"-Verleger Hugh Hefner neben Marilyn Monroe beerdigt werden will. Es ist ja auch nichts dagegen zu sagen, wenn sich Panelshow-Existenzen wie "TV total"-Praktikant Elton oder Ingo Appelt über kotzende Pottwale und kastrierte Esel amüsieren oder darüber, dass Tsetse-Fliegen Zebras wegen deren Streifen nicht sehen können. Aber dass Kalkofe in seiner Lederjacke daneben sitzt und gute Miene zum bösen Gag macht, das enttäuscht maßlos.
Nun wird vermutlich auch "Besserwisser" nicht den Untergang des abendländischen Fernsehens zur Folge haben. Es kann halt bloß sein, dass es bei ProSieben noch andere Gründe gegeben hat, die Show eine ganze Weile nach ihrer Produktion im Regal herumliegen zu lassen, als die offiziell kommunizierte Schwierigkeit, einen geeigneten Sendeplatz zu finden.
Im Grunde genommen ist die von Ex-Sat.1-Ex-Arena-Moderator Oliver Welke geführte Ratesendung eine sehr späte Reaktion auf den Erfolg von "Genial daneben" bei Sat.1. Dort sitzt ebenfalls eine Reihe Prominenter zusammen und versucht, möglichst originelle Antworten auf dusselige Fragen zu geben. Nur ist "Genial daneben" ein Glücksfall: hochgradig albern und unnütz, aber durch die Spontaneität und Streitlust von Bernard Hoëcker, Hella von Sinnen und Gästen wie Wigald Boning oder Bastian Pastewka eben einzigartig kurzweilig.
Stöbern bei der Konkurrenz
Anders als bei "Genial daneben" verrät bei "Besserwisser" auch nicht der Moderator die Auflösung der Fragen, sondern ein gewisser Dr. Christian Ankowitsch, bei dem man sich fragt, ob die Produktionsfirma Grundy Light Entertainment keinen besseren Schlaumeier-Schauspieler gefunden hat. Die Erleuchtung folgt alsbald: Ankowitsch ist gar kein Schauspieler, sondern Autor charmanter Bücher wie "Dr. Ankowitschs Kleines Universal-Handbuch", das im Buchhandel erstanden werden kann falls mal wieder ein schnelles Weihnachtsgeschenk besorgt werden muss.
Die lustigen "Fakten" für die "Besserwisser"-Fragen stammen aber offenbar nicht aus Ankowitschs Büchern, zumindest nicht alle. Viele hat sich die Redaktion ganz woanders besorgt und legt online auf Prosieben.de die Quellen offen: SWR3.de, BR-Online.de, 3sat.de, ARD.de. Wo sonst soll man soviel unnützes Wissen sammeln, wenn nicht bei den öffentlich-rechtlichen Konkurrenten und ihren Qualitätsangeboten? Bei den Privatsendern soll nie wieder einer sagen, das mit den Rundfunkgebühren sei eine schlechte Idee gewesen.