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Thomas Heinze über "Blochin" "Ambivalente Charaktere sind im deutschen TV schwierig"

Thomas Heinze
Thomas Heinze spielt in "Blochin" den Ermittler Dominik Stötzner
© Carmen Jaspersen/DPA
In der grandiosen ZDF-Krimiserie "Blochin - Die Lebenden und die Toten" spielt er einen zwielichten Polizisten. Im stern-Interview erzählt Thomas Heinze, was diese Serie so besonders macht - und wieso ihm sein amerikanischer Background hilft.

Herr Heinze, was war Ihr erster Eindruck, als Sie das Drehbuch zu "Blochin - Die Lebenden und die Toten" gelesen haben?
Matthias Glasner hat das Projekt für Jürgen Vogel und mich entwickelt - das war ein ausgesprochener Wunsch von uns beiden. Die Pläne gab es schon länger, Matthias hat sich der Sache dann angenommen und mit uns Sondierungsgespräche geführt: Was wir uns vorstellen, was wir gerne spielen würden. Entwickelt hat er es aber ganz alleine. So wussten wir nicht wirklich, was auf uns zukommt. Deswegen habe ich das Buch mit großer Spannung gelesen - und war wirklich glücklich. Ursprünglich sollte es der Auftakt für eine Reihe von 90-Minütern werden, keine Serie.

Beim Namen Heinze denken viele zuerst an die deutschen Komödien der 90er Jahre wie "Allein unter Frauen" oder "Das Superweib" ...
Zu Recht.


War es Ihr erklärter Wunsch, mit Ihrem bisherigen Rollenprofil des freundlichen Sonnyboys zu brechen?
Nein. Ich hab nichts dagegen. Die deutsche Beziehungskomödie von Sönke Wortmann ist ja auch schon lange her. Es ist für einen Schauspieler natürlich immer doof, wenn er festgelegt ist. Ich habe nicht gesagt: Ich muss jetzt unbedingt von dem Komödienimage wegkommen. Aber es ist es für einen Schauspieler immer toll, mal was anderes zeigen zu können.

Ist es schwer, im deutschen Fernsehen komplexe Charakterrollen zu bekommen?
Sagen wir so: Es ist hilfreich, wenn die Rolle auf einen zugeschrieben wurde.

Welche Sendungen/Formate finden Sie im deutschen Fernsehen spannend?
Ich finde "Weissensee" zum Beispiel ganz großartig. Wenn etwas Spannendes passiert im deutschen Fernsehen, dann passiert es in den öffentlich-rechtlichen Sendern. Die Privaten haben meines Erachtens auf ein ganz anderes Feld verlegt: Sie sind vom Fiktiven weggegangen.

Schauen Sie US-Serien?
Ich schaue sehr viele US-Serien. Gerade sehe ich "Episodes".Natürlich habe ich auch all die anderen Sachen gesehen: "The Wire", "The Shield", "Homeland", "Dexter". Ich habe damals "24" geguckt, Und "Breaking Bad" natürlich.

Ist das US-Fernsehen besser als das Deutsche?
Der Unterschied liegt in der Sehgewohnheit, die sich verändert hat. Eine Serie wird ja immer an bestimmten Tagen ausgestrahlt. Als damals "24" lief, habe ich natürlich nicht immer eine Woche gewartet, bis die neue Folge kam. Ich hab gewartet, bis die ganze Staffel erhältlich war und mir das denn nach meinem Ermessen reingezogen. Das ZDF versucht jetzt, auf diese neuen Sehgewohnheiten einzugehen, indem es "Blochin" am Freitag, Samstag und Sonntag hintereinander ausstrahlt. Gleichzeitig - und das ist das Besondere - wird die gesamte Staffel am Freitag in der Mediathek bereitstehen. Und dann kann man sich das tatsächlich so angucken wie eine amerikanische Serie: einzelne Folgen oder alles am Rutsch.

Die Serie ist so angelegt, dass sie alle Möglichkeiten für eine zweite Staffel offenhält. Gibt es da schon eine konkrete Planung?
Matthias Glasner hat schon den konkreten Entwicklungsauftrag für acht weitere Folgen bekommen. Daran sitzt er seit fast einem Jahr. Es gibt aber noch keinen Produktionsauftrag. Der kann erst vergeben werden, wenn das ZDF sieht: Das läuft gut oder hat gute Kritiken. Da muss sich der Sender erstmal vergewissern.

Hängt es von den Quoten ab?
Wenn wir nicht so starke Quoten, aber tolle Kritiken haben, dann wird es wohl weitergehen. Wir brauchen eine positive Resonanz.

"Blochin" mutet dem Zuschauer viel zu. Komplexe Figuren, viele Handlungsfäden. Warum wird so etwas so selten im deutschen Fernsehen gezeigt?

Das weiß ich nicht. Ich weiß, dass in der Entwicklung von Geschichten Redakteure involviert sind, die oft eine klare Struktur wollen. Ambivalente Charaktere sind da schwierig. Die Denke ist eher: Gib dem Charakter noch einen Hund, das macht ihn noch sympathischer. Und nicht: Lass ihn kurz noch einen Mord begehen.

Sie spielen diese doch recht düstere Rolle mit viel Leichtigkeit. Kam Ihnen dabei Ihre Komödien-Vergangenheit zugute?
Nein. Das ist mein amerikanischer Background.

Sie haben einen amerikanischen Vater und in Ihrer Jugend neun Jahre in den USA gelebt.

Das Leichte ist ein Teil der kulturellen Identität.

Sind Sie durch "Blochin" anspruchsvoller geworden, was die Auswahl Ihrer nächsten Rollen angeht?
Das wäre schön, wenn ich das sagen könnte. Am Ende des Tages leben wir Schauspieler davon, dass wir arbeiten. Ich brauche das, ich muss spielen. Wenn ich zu lange zuhause sitze, werde ich zu einer Belastung für meine Familie. Ich habe nicht selten gehört: 'Alter, geh' bitte wieder arbeiten!' 

Das Interview entstand im September 2015 anlässlich des Starts der Krimiserie "Blochin - Die Lebenden und die Toten". Am Montag, 5. August 2019 schließt das ZDF die Reihe mit dem Film "Das letzte Kapitel" ab.

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