ZDF Mutlose Mainzer suchen die Jugend

Von Tobias Fülbeck
Die Senioren lieben das ZDF. Deshalb sendet der Mainzer Sender fleißig Formate für die ältere Generation. Nun will man versuchen, junge Zuschauer zu gewinnen. Doch es mangelt an Mut, Ausdauer und Innovation. Da macht die ARD ihre Sache deutlich besser.

Neue, jüngere Zuschauer gewinnen ohne die Älteren zu verschrecken - so könnte man das Ziel des ZDF formulieren. Von 8,3 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen im Jahr 2002 ist das ZDF im vergangenen Jahr auf magere 6,7 Prozent abgerutscht. ZDF-Intendant Markus Schächter sagte Anfang Februar in München, dass es eine der größten Aufgaben des Senders sei, bei den jüngeren Zuschauern erfolgreich zu sein, "ohne zu boulevardisieren".

Wie soll das funktionieren? Anstatt mit Innovationen machte das ZDF zuletzt mit hilflose Kopien der privaten Konkurrenz auf sich aufmerksam, zum Beispiel mit der Casting-Sendung "Musical Show Star 2008". Neue Akzente in der TV-Landschaft? Maybrit Illner entert youtube, Ex-MTV-Moderator Markus Kavka moderiert - abseits der Öffentlichkeit - im Internet eine Sendung zur Hessenwahl. Ansonsten: Fehlanzeige.

Der Hoffnungsträger für die Zukunft, ein junges, frisches Gesicht fehlt. Markus Lanz soll zu einem solchen aufgebaut werden. Das wird dem ZDF-Stammzuschauer - im Schnitt ist er 61 Jahre alt - auch sicher gefallen: ein braver Typ ohne Ecken und Kanten, ein netter Schwiegersohn mit Dauerlächeln. Thomas Gottschalk hat seine glorreichen (Quoten-)Zeiten hinter sich. Lockte er früher mit "Wetten dass..?" samstagabends ganze Familien auf die heimische Couch, scheren nun immer mehr jüngere Zuschauer aus der Gemeinschaft aus und schalten stattdessen Raab oder Bohlen ein.

Auch die ARD kämpft gegen die Vergreisung der Zuschauer. Doch die Programm-Verantwortlichen scheinen angesichts der düsteren Lage energischer handeln zu wollen. Sie beweisen mehr Mut. Sie haben – wenn auch mit wenig Erfolg – Bruce Darnell ins Erste geholt und Oliver Pocher verpflichtet, der mit Stauffenberg-Verkleidung und derben Sprüchen das Publikum spaltet. Die Echo-Verleihung 2009 lief auf der ARD und in wenigen Wochen startet die neuen Vorabend-Serie "Eine für alle", die sich an ein junges weibliches Publikum richten dürfte. Ebenfalls hat die ARD mehr Ausdauer und einen längeren Atem. Trotz eher mauen Quoten liefen drei Staffeln der mehrfach preisgekrönten Serie "Türksich für Anfänger". Derzeit wird für eine zweite Staffel von "Kuttners Kleinanzeigen" gedreht.

Mittlerweile verbinden manche junge Menschen das ZDF womöglich nur noch mit Fußball-Weltmeisterschaften oder kennen ZDF-Sendungen nur, weil sie - wie etwa "Lafer, Lichter, Lecker" - in der ProSieben-Comedy "Switch Reloaded" parodiert werden. Junge Formate und Themen werden in die Nische des digitalen ZDF-Infokanals verschoben. Dort darf zum Beispiel Viva-Moderator Jan Köppen durch das Magazin "Wirtschaftswunder" führen. Von der Existenzgründung über lästige Vertragsklauseln bei Versicherungen bis hin zu angesagten Produkten präsentiert das Magazin Beiträge, die vom Stil und der Aufmachung am ehesten den Sehgewohnheiten von unter 40-Jährigen entsprechen. In der neuen Sendung von Markus Kavka, die am 21. April um 21 Uhr läuft, können sich die Zuschauer via Webcam (Skype) live auf den Bildschirm schalten lassen, ihre Geschichte erzählen und ihre Meinung sagen. Auch diese Sendung läuft nur im Infokanal.

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