Non, je ne regrette rien – zu den Klängen des Klassikers von Edith Piaf räkeln sich nackte Frauen auf dem Boden, vergnügt sich ein älteres Paar auf der Küchen-Arbeitsplatte, wartet ein nackter Mann im Schrank auf seinen Liebhaber. Sie alle bereuen nichts, weil sie sich trotz aller Leidenschaft immer vor sexuell-übertragbaren Krankheiten schützen, so die Botschaft des Schweizer Bundesamts für Gesundheit, das hinter dem Film steckt. Doch trotz dieser wichtigen Aussage hat das Video seit seiner Veröffentlichung 2014 bereits für viel Ärger in der Alpenrepublik gesorgt.
Zu freizügig, zu drastisch – die Darstellung sexueller Handlungen von homo- und heterosexuellen Paaren geht einigen zu weit. Der Clip sei schädlich für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, weshalb eine Gruppe von 35 Minderjährigen versucht, den Film zu verbieten. Sie scheiterten mit ihrer Klage zwar bereits vor dem Bundesverwaltungsgericht St. Gallen, doch davon ließ sich die Gruppe, die von der christlich geprägten Stiftung Zukunft Schweiz unterstützt wird, nicht bremsen. So gaben sie nun bekannt, dass sie mit ihrem Anliegen bis vor das höchste Schweizer Gericht, das Bundesgericht, ziehen werden.

Angst vor zu viel Leidenschaft?
Im Interesse einer gesunden Entwicklung müssten Heranwachsende vor solch sexualisierten Bildern geschützt werden, zitiert der "Tagesanzeiger" die Anwältin der Gruppe. Ihre erste Klage war gescheitert, weil sie nicht belegen konnten, dass Kinder und Jugendliche von den Videos stärker betroffen sind als andere und deswegen geschützt werden müssten.
Aids Infektionen in der Schweiz
Nach Zahlen des Bundesamts für Gesundheit leben in der Schweiz rund 20. 000 Menschen, die mit dem HI-Virus infiziert oder an Aids erkrankt sind. Weltweit sind es ca. 35 Millionen. In den vergangenen zehn Jahren infizierten sich jährlich 600 bis 800 Eidgenossen mit HIV – im europäischen Vergleich liegt die Schweiz damit auf einem der vorderen Plätze.
Die Kampagne "Love Life" wirbt für eine unbeschwerte Sexualität, ohne zu bereuen. Aufhänger ist eine Studie, nach der jeder fünfte Schweizer es bedauert, ungeschützten Sex gehabt zu haben. Die Kampagne will den Genuss und die Leidenschaft von verantwortungsvoller Sexualität in den Vordergrund stellen – einer Organisation wie der Zukunft Schweiz ist das ein Dorn im Auge. Die Stiftung setzt sich für die Vermittlung christlicher Werte und die Stärkung der traditionellen Familie ein. "Die Szenen waren explizit und offensichtlich darauf ausgelegt, sexuelle Lust zu erregen", schreibt Zukunft Schweiz auf ihrer Homepage. "Gleiches gilt für die Plakate der Kampagne, die überall in der Schweiz im öffentlichen Raum zu sehen waren."
Es ist nicht das erste Mal, dass in der Schweiz über freizügige Videos des Bundesamts für Gesundheit gestritten wird. Die dortigen Angestellten haben es sich auf die Fahne geschrieben, nicht mit erhobenem Zeigefinger den Gebrauch von Kondomen zu predigen, sondern für eine gesunde Sexualität voller Spaß zu werben.