David Beckham Der Bankspieler

  • von Frank Siering
David Beckham gerät immer mehr in die Kritik. Wegen einer mysteriösen Knöchelverletzung hat er in den letzten vier Wochen gerade einmal 20 Minuten auf dem Platz gestanden. Und viele fragen sich mittlerweile: War er die Millionen wert? Aber heute Abend will er spielen. Der Erfolgsdruck wächst.

David Beckham lächelt immer seltener, wenn er dieser Tage am Home Depot Center aus seinem riesigen Escalade Sport Utility Vehicle (SUV) steigt. Einer der Gründe starrte ihn gestern Morgen auf den Sportseiten der Los Angeles Times an.

Dort war ein großes Foto abgedruckt, das ein Fanplakat im Fußballstadion von Frisco, Texas zeigt. "Bench it like Beckham", stand drauf. Was übersetzt soviel wie "Setz Dich auf die Bank wie Beckham" heißt und natürlich eine süffisante Anspielung auf den Kinofilm "Bend it like Beckham" ("Kick it like Beckham") ist.

Der sitzende Beckham

David Beckham, gefeierter Neueinkauf der Los Angeles Galaxy, hat in vier Wochen gerade mal 20 Minuten für sein Team auf dem Platz gestanden. Er hat bisher kaum mit der Mannschaft trainiert. Aber dafür große Feste mit Tom Cruise, Will Smith und anderen A-Listern in Tinseltown gefeiert.

Der anfängliche Rückenwind, das viele Schulterklopfen und die lautstarke Promi-Unterstützung scheinen sich dieser Tage auf einmal in einen eiskalten Gegenwind zu verwandeln. Der Grund dafür ist einfach: Beckham sitzt und sitzt. Er spielt nicht, Und zum Spielen ist der Mittelfeldregisseur schließlich für rund 250 Millionen Dollar, die er über fünf Jahre erhält, eingekauft worden.

Becks wird ausgebuht

Waren die Kommentare der Sport- und Societykolumnisten am Beginn des amerikanischen Beckham-Abenteuers noch freundlich, so schleichen sich dieser Tage schnell kleine Gemeinheiten ein. Ein Report von der Associated Press begann mit den Worten: "Der englische Megastar David Beckham setzte am Wochenende seine Tour der US-Ersatzbanken fort."

Und die New York Daily News schreibt: "Als im Spiel der Red Bulls in Foxborough (Bundesstaat Massachussetts, d. Red) eine Aufnahme von Beckham auf der Bank auf die Stadionleinwand geworfen wurde, buhten die 35.000 Zuschauer."

Solche Gemeinheiten tun weh. Auch David Beckham. Er versucht, Erklärungen abzugeben. Im letzten wichtigen Saisonspiel seines alten Arbeitgebers Real Madrid, da hatte er sich seinen schon verletzten Knöchel taub spritzen lassen, damit er Real zur Meisterschaft verhelfen konnte. Ein Fehler? Dummheit? Warum hatte ein Ärzteteam von der L.A. Galaxy seinen neuen Superstar nicht genauer unter die Lupe genommen? Fragen, die plötzlich auftauchen, die nervös machen. Über eine halbe Seite berichtet die L.A. Times vom verletzten Beckham-Knöchel. Von Hoffnung ist da die Rede, von Geduld. "Wir haben David für fünf Jahre engagiert. Wir wollen einen Spieler, der fit ist auf dem Platz", sagt Galaxy-Manager Alexi Lalas. Noch nehmen sie ihn in Schutz, das Management, die Trainer. Wohl wissend, dass auch ihre Jobs mit zur Disposition stehen, sollte sich der Beckham-Einkauf als Flop herausstellen.

Super-Fußballer und pfiffiger Geschäftsmann

Aber der 32-jährige Engländer ist ein Kämpfer. Oder einfach nur ein pfiffiger Geschäftsmann. Er weiß sehr wohl, dass die Trikot-Verkäufe in der MLS (Major League Soccer) seit seiner Verpflichtung um 300 Prozent angestiegen sind, bei der Galaxy sogar um 700 Prozent. Er weiß, dass es seinen Fans etwas schuldet.

Und vielleicht auch deshalb gibt er dann auch völlig überraschend und gegen das Anraten seiner Ärzte bekannt, dass er am Mittwochabend gegen DC United nun doch spielen will. "Ich bin zu 78 Prozent fit. Ich will spielen."

Worte, die die amerikanischen Fans lieben. Worte, die an einen Kämpfer erinnern, an einen, der weiß, was die Stunde geschlagen hat. Aus solchen Geschichten werden in Hollywood Blockbuster gemacht. Was aber, wenn die Bänder reißen im Spiel, was, wenn ein Angreifer zugrätscht und Beckham erneut verletzt?

Frustriert und ehrgeizig

"Darüber dürfen wir uns im Moment keine Gedanken machen", sagt Spielerkollege Kyle Martino. Und fügt hinzu: "David ist derzeit zehnmal mehr frustriert als all diese Kommentatoren, die ihn derzeit kritisieren, weil er nicht spielen kann." Und so quält sich David Beckham mit Überstunden beim Physiotherapeuten in die Gunst der Fans zurück. Kritik ist er gewohnt, der Ehemann von Posh Spice. Und auch mit Druck kann er gut umgehen. Bleibt abzuwarten, ob Becks seinen Job endlich erfüllen kann und die L.A. Galaxy nicht nur von der Bank, sondern auch auf dem Rasen zum Erfolg führen kann.

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