Jubel bricht aus, als Gina-Lisa Lohfink in einer Prozesspause auf die Straße tritt. Vor dem Kriminalgericht in Berlin-Moabit haben sich etwa 100 Unterstützer der 29-Jährigen versammelt. Sie sitzen dort über Stunden auf der Straße. Der Verkehr muss umgeleitet werden. Auf Transparenten steht: "Du bist nicht allein." Mit tränenerstickter Stimme sagt Lohfink zu ihren Anhängern: "Ich bin überwältigt, dass ihr mir so helft."
Die frühere "Germany's next Topmodel"-Kandidatin steht wegen falscher Verdächtigung vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Sie hatte einem Fußballer sowie einem VIP-Manager Vergewaltigung vorgeworfen. Der Verdacht bestätigte sich bei ersten Ermittlungen nicht. Lohfink wurde daraufhin ein Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung ausgestellt - sie sollte 24.000 Euro zahlen. Das Model akzeptierte den Strafbefehl nicht, deshalb kam es nun zum Prozess.
Zeuge: Sex mit Gina-Lisa Lohfink war einvernehmlich
Der dritte Verhandlungstag in Berlin beginnt mit einem Befangenheitsantrag der Verteidiger gegen die Richterin. Der wird zurückgestellt. Der erste Zeuge wird aufgerufen. Es ist der heute 28-jährige Fußballer, der damals in Wolfsburg spielte und Lohfink in einem Berliner Club kennenlernte. Der Sex sei einvernehmlich gewesen - an drei aufeinanderfolgenden Tagen im Juni 2012. "Ich würde niemals etwas machen, was sie nicht will", sagte der Sportler. "Das war schon eine engere Bindung zwischen uns."
Er habe den Strafbefehl, der ihm wegen der Verbreitung des Videos zugestellt wurde, geschluckt, damit die Sache nicht noch weiter öffentlich werde. "Ich habe sehr darunter gelitten, das hat meiner Karriere geschadet", sagte der Fußballer, der heute im Ausland spielt. Er habe den Sex auch gefilmt, "aber ich habe das niemals an die Presse gegeben".
Lohfink wischt sich die Tränen aus den Augen
Immer wieder schüttelt Lohfink den Kopf, wischt sich Tränen aus den Augen, atmet schwer und wedelt sich Luft zu. Einer der beiden Anwälte hält kurz ihre Hand. Im Gerichtssaal äußert sich Lohfink nicht, das machen ihre beiden Anwälte.
Vor dem Gerichtssaal sind schrille "Nein, nein, nein"-Rufe zu hören. Wachtmeister schleppen eine Femen-Anhängerin weg, die mit nacktem Oberkörper demonstriert. Im Gang vor dem Saal 572 erklingt rhythmisches Klatschen, als das Model zur Toilette geht.
Ex-Managerin Lohfinks sagt ebenfalls als Zeugin aus
Als Zeugin spricht auch Lohfinks Ex-Managerin von den damaligen Vorgängen. Die 40-Jährige erzählt, wie Lohfink nach der zweiten Partynacht irgendwann nachmittags mit einem Taxi vor einem Köpenicker Hotel angekommen und torkelnd und verstört ausgestiegen sei. "Da hab' ich schon gesehen, da stimmt was nicht." Richterin Antje Ebner sagt dazu: "Davon haben Sie kein Wort bei der polizeilichen Vernehmung gesagt, das ist doch aber wichtig. (...) Oder war das gar nicht so?"
Eklat, als das Sexvideo gezeigt werden soll
Schließlich kommt es zum Eklat. Lohfink und ihre Verteidiger verlassen empört den Verhandlungssaal. Zur Begründung hieß es von ihnen, das Gericht habe die Öffentlichkeit bei einer geplanten Anschauung eines Sex-Videos mit Lohfink nicht ausschließen wollen. Die Richter wollten Filmsequenzen auf einem Laptop, abgewandt vom Publikum und ohne Ton, ansehen. Der Bildschirm wäre für das Publikum im Saal und die Presse nicht sichtbar gewesen. Wann die Verhandlung fortgesetzt werden sollte, war zunächst unklar.
Der Fall hat bundesweit Aufsehen erregt und spaltet die Gemüter. Die einen sehen Lohfink als ein Opfer der Justiz sowie als Vorkämpferin für die Rechte von Frauen, die sexuelle Gewalt erlitten haben. Andere sehen in dem Fall eine inszenierte Tränenshow.