Heimliche Aufnahmen Vorsicht, durchgeknallter Regisseur

  • von Frank Siering
Natürlich beteuern Schauspieler immer gern, wie gut sie sich mit ihren Kollegen verstehen. Doch nun ist ein heimlich gefilmtes Video aufgetaucht, das zeigt, wie brutal es wirklich zugeht hinter Hollywoods Kulissen.

Wenn amerikanische Schauspieler einen Film promoten, dann kommt während der Interviews mit den Journalisten meist auch die Frage auf: Und wie war die Zusammenarbeit mit dem Regisseur und den Kollegen auf dem Set? Standardantwort in Hollywood: "Alles großartig, ich bin froh, mit solch fantastischen Talenten zusammenarbeiten zu dürfen." Natürlich wissen die meisten Reporter - wie auch die Schauspieler- dass das oftmals gelogen ist. Bis jetzt konnte diese Lüge aber meist nicht nachgewiesen werden. Bis jetzt.

Nun macht seit einigen Tagen ein Video die Runde im Internet. Ein Video, das brutal und ehrlich aufdeckt, wie es tatsächlich auf einem Filmset in Hollywood zugeht. Die Protagonisten: Lily Tomlin ("Will & Grace","X-Files") und Regisseur David O.Russell ("Three Kings"). Das Set: "I Heart Huckabees". Obwohl niemand "Action" rief, lief die Kamera - vermutlich heimlich im Hintergrund - auch während der Drehpausen weiter. Und fing Hasstiraden ein, die selbst eingefleischte Industriekenner zum Staunen brachten.

Ausraster vor laufender Kamera

In einer Büroszene sitzt die 67-jährige Schauspielerin Tomlin am Schreibtisch, blättert durch das Manuskript und nörgelt ganz offensichtlich an einigen Einstellungen herum. Plötzlich schießt Regisseur Russell aus dem Off Richtung Schreibtisch hervor, brüllt Obszönitäten, die von "Fuck You" bis zum wohl schlimmsten englischen C-Schimpfwort (ins Deutsche würde man es frei mit "Fotze" übersetzen, d.Red.) reichen und demoliert vor laufender Kamera den gesamten Set. Eine zweite Aufnahme zeigt Tomlin in einem Auto, auf dem Rücksitz ein völlig ahnungsloser Mark Wahlberg. Diesmal ist es Tomlin, die mit Schimpfwörtern und unflätigen Handbewegungen Richtung Russell beginnt. Wahlberg ist zu hören, als er sagt: "Nächstes Mal suche ich mir einen ruhigen Action-Film aus". Die Spannung im Auto ist auf dem Siedepunkt, als die Kamera endlich ausgeschaltet wird.

Wer hat das Material veröffentlicht?

Nun wurde der Streifen "I Heart Huckabees" schon 2003 abgedreht, es verging also einige Zeit, bis das Filmchen in die Öffentlichkeit gelangte. Erstmals hatte die "New York Times" von heimlichen Setaufnahmen berichtet, die eine zeitlang in den Chefetagen der großen Filmstudios kursierten. Warum die Aufnahmen ausgerechnet jetzt über die viralen Kommunikationshighways den Weg ins Netz gefunden haben, ist unklar. Zuerst tauchte das Video auf YouTube auf. Wenig später war es auf den Hollywood-Webseiten Gawker.com und Defamer.com zu sehen. Schnell setzte das verantwortliche Studio Fox Searchlights eine juristische Task Force zusammen, um den Spot sofort wieder aus dem Netz zu entfernen. Im Zuge der Recherchen tauchte sogar Russell-Freund George Clooney als möglicher verdächtiger Distributor auf. Clooney, er geriet mit Russell während der Dreharbeiten zu "Three Kings" aneinander, ließ sofort eine Pressemitteilung herausgeben. Darin verneinte er alle Vermutungen, etwas mit dem Video zu tun zu haben und schrieb sogleich ein Kopfgeld von einer Million Dollar aus für denjenigen, der den "echten Kameramann" outen würde. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

"Erwachsene streiten nun mal"

Und wie reagieren die Protagonisten? Wie typische Hollywood-Indianer, versteht sich. Tomlin wurde unlängst auf den Kampf am Set von der "Miami New Times" angesprochen. "Oh, mein Gott, die Szene mit dem Auto ist auch drauf?", fragte sie den Reporter, geradezu so, als habe sie von all dem nichts gewusst. Und weiter: "Ich habe das Video noch nicht gesehen. Aber ich liebe David. Damals hatten wir eine ganze Menge Druck am Set. Und er ist nun einmal ein Freidenker", sagt sie mit einem Lachen auf den Lippen. Ein Freidenker? Wer sich die Szenen genauer anschaut, der erkennt, dass der Angriff von Russell eher nach einer handfesten physischen Bedrohung denn einer Entladung kreativer Energie ausschaut. Auf die Szene im Büro angesprochen, bei der der Regisseur ebenfalls sehr bedrohlich wirkt und weitaus mehr tut als seine Idee von Kunst "frei zu assoziieren", gibt Tomlin dann aber doch klein bei: "Erwachsene Menschen streiten sich nun einmal. Das ist so." Ob sie sich darüber ärgert, dass das sehr persönliche Video im Internet gelandet sei? "Nachdem ich die arme Britney Spears mit nacktem Popo im Netz gesehen habe, kann ich nur mit den Schultern zucken. Es gibt sehr positive Seiten im Internet und es gibt sehr negative. So ist es nun einmal heutzutage. Dagegen kann auch ich mich nicht wehren."

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