Jahresbilanz Michelle Obama Mom-in-Chief

Michelle Obama meistert ihre Rolle mit solch einer Leichtigkeit, dass sie vielen schon als "coolste First Lady aller Zeiten" gilt. Ihr Erfolgsrezept: no politics, Haare kürzer, Gemüsegarten anlegen.

Vor ein paar Tagen hatte Michelle Obama zu einem Plauderstündchen ins Weiße Haus geladen. Sie saß mit ein paar Journalisten im "Old Family Dining Room", buttergelb die Wände, nougatbraun der Esstisch, es gab Kaffee und Gebäck, und Mrs. Obama erzählte von ihrem ersten Jahr als First Lady – einem Jahr, mit dem sie "sehr zufrieden" sei, wie sie sagte. Ihr wäre am wichtigsten gewesen, dass ihre Töchter Sasha und Malia sich in Washington D.C. eingewöhnen. Und dann seien die Mädchen eines Nachmittags im März aus der Schule gekommen und hätten gesagt, sie fühlten sich hier ganz zu Hause, "und da konnte ich zum ersten Mal richtig aufatmen", so Mrs. Obama.

Nur keinen Fehler machen

Das muss sie ziemlich entspannt haben: Michelle Obama, 46, füllt ihre Rolle mit einer Leichtigkeit aus, die bewundernswert ist. Sie sei "the coolest first lady ever", schrieb kürzlich Charles M. Blow, ein kluger Kolumnist der "New York Times", der die neuesten Umfragewerte der First Lady kommentierte, die wie üblich ganz fabelhaft waren. Mrs. Obama wird von bis zu 75 Prozent der befragten Amerikaner positiv benotet, anders als noch während des Wahlkampfes - da waren es nur 44 Prozent. Die Leute mögen ihre natürliche Art, mit der sie die Queen umarmt oder im Garten des Weißen Hauses Seil springt. "Sie scheint sich frei zu fühlen", schwärmte Mr. Blow, "frei genug, zu lachen, sie selbst zu sein."

Sie hatte nicht die Absicht, sich als First Lady groß zu verändern, "ich bin besser, wenn ich einfach Michelle bin", sagt Mrs. Obama. Aber ganz frei von allem ist natürlich auch eine Michelle Obama nicht: Die First Lady war in ihrem ersten Dienstjahr sehr darum bemüht, keine Fehler zu machen. Bloß keine Ablenkung, keine Angriffsfläche zu bieten. So, wie sie es im Wahlkampf getan hat, wo sie anfangs ja sehr kess unterwegs war. "Ich bin ein großer Fan von Accessoires, ich bin mit einem verheiratet", sprach sie damals. Dann sagte sie über die Erfolge Barack Obamas, sie sei zum ersten Mal stolz auf ihr Land, aber das sorgte für große Erregung bei den Republikanern: Sie wurde als "angry black woman" stilisiert, als wütende Liberale porträtiert. Die Berater ihres Mannes schickten Michelle Obama zum Rhetorikkurs, zum Kameratraining, und all das wird ihr eine Lehre gewesen sein.

Ihr Kurs ist vorsichtig und ausgewogen

Seit Mrs. Obama am 21. Januar 2009 mit ihrem Gatten ins Weiße Haus zog, gibt sie die klassische First Lady. Michelle Obama hat sich zur "Mom-in-Chief" ernannt und einen Gemüsegarten gepflanzt. Sie organisiert Musikabende und führt Schüler und Studenten durch das Weiße Haus. Während der Präsident sich mit gewaltigen Problemen beschäftigt (zwei Kriegen, einer Rezession, der Gesundheitsreform und nun auch noch Haiti) und sein Beliebtheitsgrad sinkt, beschränkt sie sich auf die gefahrlose Rolle als Gattin und Mutter. Von der First Lady ist keine politische Meinung zu hören, sie fasst kein kontroverses Thema an, jedenfalls nicht öffentlich. Ihr Kurs ist vorsichtig und ausgewogen, nur einmal ist sie ausgeschert - und gestolpert: Als Mrs. Obama sich für die Olympiabewerbung von Chicago einsetzte, ihrer Heimatstadt, und vor dem Internationalen Olympischen Komitee eine Rede hielt, in der sie an ihre Kindheit in der South Side erinnerte. Doch Chicago wurde kurz und schmerzlos vom IOC abgewiesen. Und hatte in Wahrheit nie eine Chance. Und so musste sich die First Lady im Nachhinein anhören, sie sei schlecht beraten gewesen, man habe sie in ein aussichtloses Rennen geschickt. Doch es ging in ihrem ersten Jahr "auch darum, zu lernen", sagt Mrs. Obama. Vermutlich wird ihr so etwas nicht noch einmal passieren.

Es wachen drei Pressedamen über ihr Image – und sogar über ihre Frisur: Michelle Obama trägt die Haare neuerdings kürzer, "aber nur ein wenig", sagt sie und lacht. "Ich möchte damit keine Schlagzeilen machen." Wie mit ihrer Mode. Blogs widmen sich ja ihrem Stil, sezieren, was die First Lady wann, wo und von wem getragen hat: Eine Caprihose von J.Crew! Von der Stange! Dazu Turnschuhe für 540 Dollar! Und seht nur, ihre berühmt durchtrainierten Oberarme!! Man feiert sie als Mrs. O., als Ikone und legitime Erbin von Jackie Kennedy. Doch Michelle Obama möchte nicht als Designerpüppchen in die Geschichte eingehen. Sie will etwas Nachhaltiges hinterlassen.

Und da hat sie ihr Thema auch schon gefunden: gesunde Ernährung. Unermüdlich mahnt Mrs. Obama die Fettleibigkeit amerikanischer Kinder an, die sie "eine Epidemie" nennt, die es zu bekämpfen gilt. Sie werde dazu eine Initiative starten, versprach die First Lady, frisch zum zweiten Amtsjahr. Denn: "Ich möchte etwas schaffen, das bleibt. Etwas, bei dem die Leute später sagen werden: Das und das hat sich verändert, während diese Frau im Weißen Haus war. Ich hoffe, dass mir das auf dem Ernährungssektor gelingt."

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