#MeToo-Debatte Warum nach dem schwachen Statement von Mockridge bei mir nur ein ungutes Gefühl bleibt

Luke Mockridge
Luke Mockridge hat angekündigt, dieses Jahr nicht mehr aufzutreten
© Henning Kaiser/ / Picture Alliance
Es wäre eine Chance gewesen, der komplexen Debatte um sexuelle Belästigung eine seltene männliche Stimme hinzuzufügen. Doch nach Luke Mockridges Statement zu den Vorwürfen gegen ihn bleibt bei den meisten Frauen wohl nur eines: ein ungutes Gefühl.

Gut acht Minuten ist das Video lang, das Luke Mockridge am Wochenende auf Instagram postete. Es sind acht Minuten, in denen es um das geht, was in den sozialen Medien schon lange Thema war: Eine Ex-Freundin wirft dem Komiker und Entertainer eine versuchte Vergewaltigung vor. Monatelang hatte Mockridge geschwiegen, jetzt endlich die Stellungnahme. Doch es sind acht Minuten geworden, die bei den meisten Frauen nur eines hinterlassen dürften: ein ungutes Gefühl.

Dieses Gefühl ist nicht neu, darüber gesprochen wird spätestens seit der #MeToo-Debatte. Eine der wichtigsten Botschaften damals lautete: Seht her, wir sind viele. Wir alle haben sexuelle Belästigung oder sexuelle Gewalt erlebt. Jeder kennt mindestens eine Frau, die betroffen ist. Deine Mutter, deine Schwester, deine Freundin, deine Nachbarin. Und damit aller Wahrscheinlichkeit nach auch mindestens einen Täter. Leider hat Mockridge hier die Chance auf eine wichtige Debatte vertan. Anstatt sich persönlich mit den Facetten von sexueller Gewalt auseinanderzusetzen, gerät er im Video reflexhaft in eine Abwehrhaltung - und spricht so vielen Betroffenen ihre Gefühle ab. 

Luke Mockridge sieht sich als Opfer - und will kein Teil des Problems sein

"Das, was mir vorgeworfen wird, das ist nicht passiert", beteuert er. Seine Schilderung der Vorwürfe strotzt vor indirekten Schuldzuweisungen. Es habe eine Nacht gegeben, in der er Sex wollte und sie nicht und in der es dann auch nicht zum Sex kam. "Rückwirkend, nach all diesen Monaten", beschreibt er, "soll es sich für sie wie eine versuchte Vergewaltigung angefühlt haben." Das sei unfassbar für ihn gewesen. Mockridge stellt den Vorfall als einen Rachefeldzug seiner Ex dar, die "nicht loslassen" habe können und sich dann "aus dem Nichts" zur Anzeige entschloss. "Wir haben verliebt mit Mickymaus-Ohren Bilder gemacht. Und trotzdem kam es zu dieser Anzeige", erzählt er und bedient damit einen klassischen Vorwurf: Wenn das alles so schlimm war, warum bist du dann nicht sofort zur Polizei?

Zunächst einmal: Wie traurig ist es bitte, dass Luke Mockridge kein bisschen Bestürzung darüber zeigt, dass eine ihm einst nahestehende Person offenbar traumatische Erinnerungen an eine gemeinsame Nacht hat? Hätte er sich nur kurz mit der Thematik befasst wüsste er außerdem, dass Opfer von sexueller Gewalt oft lange schweigen und das Erlebte verdrängen, manchmal sogar jahrelang. Doch darüber findet keine Reflexion statt, stattdessen lautet der Tenor seines Clips: Ich bin hier das Opfer, ich bekomme Hassnachrichten, ich brauche eine Pause. Er folgt dem Muster einer Täter-Opfer-Umkehr, die vielen Frauen bekannt vorkommen dürfte. 

Luke Mockridge äußert sich erstmals zu Vergewaltigungsvorwürfen
Luke Mockridge äußert sich erstmals zu Vergewaltigungsvorwürfen
© Jens Niering/ / Picture Alliance
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Wie viel Größe hätte er bewiesen, wenn er seiner Ex-Freundin einfach zugestanden hätte, dass sie die Situation anders empfunden hat? Dass es zwei Seiten einer Geschichte gibt. Dass versuchte Vergewaltigung eben nicht nur vom bösen fremden Mann, der im Gebüsch lauert, ausgeht. Sondern dass sie auch mit Vetrauenspersonen stattfinden kann und das sehr häufig der Fall ist. Manchmal sogar unbewusst, denn es gibt Grauzonen. Es gibt sie jedoch vor allem, weil niemand richtig hinsieht, wenn sich überhaupt mal Betroffene trauen, das anzusprechen. Denn dann verfallen die meisten in den Luke-Modus: Es will keiner gewesen sein.

"Die versuchen einen Menschen aus mir zu machen, der ich nicht bin", sagt Mockridge und spricht gleichzeitig sehr schwammig über "echte Menschen", die sich dank dieser Geschichte im Netz ihr Leid geklagt und viel Solidarität erfahren hätten - auch von ihm. Das sei sein Wertesystem. Es ist eine kleine Anerkennung dessen, dass täglich vor allem Frauen sexualisierte Gewalt erfahren - doch welche Frauen diese "echten Menschen"  sind, darüber entscheidet offenbar allein Mockridge und sein "Wertesystem".

Was bleibt ist die bekannte Botschaft: Schlimm, das mit den Frauen - aber ich bin kein Teil des Problems. Und ein ungutes Gefühl. 

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