Gucken Sie manchmal noch "Top Gun" und träumen von besseren Zeiten?
Ich habe den Film seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr gesehen. Und warum sollte ich von besseren Zeiten träumen? Ich habe heute ein viel schöneres Leben als damals.
Als Schauspielerin wurde es nach "Top Gun" stiller um sie.
Beschäftigt war ich eigentlich immer, aber mein Privatleben war weniger öffentlich. Zum Glück. "Top Gun" war ein Kassenschlager, Tom Cruise ein aufstrebender Schauspieler - und ich plötzlich mittendrin in diesem Strudel. Ich hatte als Schauspielerin am Theater angefangen; dass ich beim Film landen würde, war doch eher Zufall. Ich habe mich nie danach gesehnt, derart im Rampenlicht zu stehen.
Zur Person
Kelly McGillis, geb. 1957 in Newport Beach, Kalifornien, startete ihre Karriere in Santa Maria, wo sie auf eine Theater-Schauspielschule ging. 1983 Filmdebüt in "Reuben Reuben", drei Jahre später wurde sie mit "Top Gun" zum Star. Es folgten Filme wie "Angeklagt" oder "Das Haus an der Caroll Street" und Theaterengagements. Mit ihrem zweiten Mann Fred Tillman führte sie ein Restaurant in Key West, Florida. Nach der Scheidung 2002 zog McGillis mit ihren beiden Töchtern Kelsey und Sonora nach Mohnton, Pennsylvania.
Warum eigentlich nicht?
Direkt nach "Top Gun" hatte sich manches zum Schlechteren verändert. Als "Star" lebt man ein bisschen wie in einer Scheinwelt, viele Leute behandeln einen anders, vieles wirkt künstlicher und unreal. Mir hat das nicht gefallen.
Inzwischen hat der Starrummel ja noch ganz andere Formen angenommen.
Wenn ich sehe, wie süchtig die Menschen danach sind, jede noch so unwichtige Kleinigkeit aus dem Privatleben von Britney Spears oder Paris Hilton zu erfahren, kann ich nur den Kopf schütteln. Ich habe erst kürzlich mit meiner 14-jährigen Tochter darüber diskutiert. Sie sagte doch zu mir: "Mami, färb dir doch einfach die Haare und drehe wieder große Filme. Dann sind wir berühmt und verdienen Millionen."
Und? Färben Sie sich jetzt die Haare und drehen wieder mehr Filme?
Ich werde einen Teufel tun. Ich verkaufe doch als 50-Jährige nicht meine Seele oder meinen Körper, wo in Hollywood schon 30-Jährige als zu alt gelten. Klar, ich würde gerne wieder mehr Filme drehen. Aber des Films und des Drehbuchs wegen. Ich war zuerst richtig böse auf meine Tochter, weil sie so kurzsichtig und geldorientiert denkt.
Verfolgen Sie, was im Leben Ihres ehemaligen Filmpartners Tom Cruise passiert?
Man bekommt sicher hier und da mal was mit. Gelegentlich lese ich auch etwas über Meg Ryan, Val Kilmer oder Tim Robbins, die Kollegen aus „Top Gun“. Aber ich bin nicht wirklich scharf darauf zu erfahren, ob Tom mal wieder einen Ehekrach hatte oder nicht. Der Mann lebt mittlerweile in einer ganz anderen Welt als ich. Beneiden tue ich ihn dafür jedenfalls nicht. Ich bezweifle, dass Reichtum und Ruhm wirklich Garanten für ein glückliches Leben sind.
Wie haben Sie sich mit Cruise verstanden während der Dreharbeiten?
Wir waren Kollegen. Nicht mehr und nicht weniger. Tom war ja auch eigentlich nicht mein Typ und viel zu jung. Im Film gaben wir zwar ein ganz gutes Paar ab, aber privat lief da nichts.
1982 wurden Sie Opfer einer Vergewaltigung – engagieren Sie sich noch für andere Opfer?
Ich habe dieses Thema verarbeitet und Neues angepackt. So engagiere ich mich in dem kleinen Ort, wo ich seit der Trennung von meinem zweiten Mann lebe, für die christliche Erziehung von Kindern und junge Erwachsenen. Die junge Generation braucht mehr Werte im Leben. Nebenbei spiele ich Theater und drehe ab und zu auch mal kleinere Rollen in Filmen wie zuletzt in dem Horrorstreifen "Supergator." Aber nur, wenn ich nicht zu lange von zu Hause weg sein muss. Ich bezeichne mich als alleinerziehende Vollzeitmutter. Sie glauben ja gar nicht, wie anstrengend eine pubertierende Tochter manchmal sein kann. Wer das jeden Tag hat, braucht den Irrsinn von Hollywood sicher nicht auch noch an der Backe.
Interview: Andreas Renner