Mister Koch, Ihr Markenzeichen war die Frage: "How’m I doin'?", also: "Wie mache ich mich?" Wie machen Sie sich denn heute?
Sehr gut. Ich stehe jeden Morgen um fünf Uhr auf, gehe dreimal die Woche zum Sport und bin seit 17 Jahren Partner in der Anwaltskanzlei Bryan Cave.
Sie arbeiten noch?
Ja. Ich berate Klienten und meine Partner, habe mehrere Radio- und TV-Shows, und mein 16. Buch, "Buzz", ist vor Kurzem erschienen. Dazu halte ich Reden und verschicke regelmäßig politische Kommentare an rund 1.500 Abonnenten. Gott segne die EMail: Das Porto könnte ich mir nie leisten.
Sie waren bekannt als lebensfroher Bürgermeister, der gern isst und trinkt ...
Das tue ich immer noch, aber in Maßen. Die "Bürgermeister-Portionen" von früher schaffe ich nicht mehr.
Sie haben mal vorgerechnet, dass bei einer perfekten Party auf acht Gäste elf Flaschen Wein kommen. Nach dieser Rechnung müssten es also bei Ihrer Geburtstagsparty ...
... da waren 200 Leute gekommen, ehemalige Mitarbeiter aus meiner Zeit als Bürgermeister, es war sehr rührend.
Also, nach dieser Rechnung müssten es 275 Flaschen Wein gewesen sein.
Nun, es war genügend da, Wein und Bier.
Wenn Sie mal Zeit haben, was tun Sie am liebsten?
Ich treffe mich mit Freunden zum Essen oder gehe ins Kino. Ich schreibe nämlich auch Filmkritiken.
Ihr Lieblingsfilm?
"Moulin Rouge" von Baz Luhrmann, mit Nicole Kidman. Der einzige Film, den ich mehrmals sehen kann. Und welcher Film ist schlecht? Zu viele! „Alpha Dog“ mit Justin Timberlake zum Beispiel. Der war widerwärtig!
Zur Person
Ed Koch wurde als Sohn eines polnischen Kürschners am 12. Dezember 1924 in der Bronx geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er als Infanterist in Frankreich kämpfte, studierte er Jura. 1969 ging er als Kongressabgeordneter nach Washington.
1978 wurde er Bürgermeister von New York. Sprüche wie „Ich bekomme keine Magengeschwüre, ich verursache sie“ machten ihn schnell über die Stadt hinaus bekannt. Nach drei Amtszeiten verlor er 1989 die Vorwahlen gegen David Dinkins. Koch lebt im New Yorker Stadtteil Greenwich Village.
In Woody Allens "New York Stories" und einer "Sex and the City"-Episode haben Sie sich selbst gespielt. Andersrum - welcher Schauspieler könnte Sie denn spielen?
Früher kam Paul Newman dafür infrage, aber der ist zu alt. Leonardo DiCaprio!
Weiß der das?
Nein, ich habe ihn noch nie getroffen.
Als Bürgermeister haben Sie viele Prominente getroffen und in Ihrer Residenz Gracie Mansion bewirtet. Wer war Ihr Lieblingsgast?
Sir Laurence Olivier. Ich fragte ihn: "Wie soll ich Sie ansprechen?" Er meinte: "Nennen Sie mich Larry!" Anschließend musste er seine Beine hochlegen, aber es gab nur teure, antike Möbel. Ich habe ihm gesagt: "Jeder Tisch hier würde durch Ihre Beine geadelt." Auch Anwar Sadat ist mir in guter Erinnerung. Ein außergewöhnlicher Staatsmann in sehr schwierigen Zeiten.
An wen erinnern Sie sich nur ungern?
Leonard Bernstein: ein wunderbarer Musiker, aber als Mensch ein Flegel. Er kam angeheitert mit einem Haufen Freunden. Ich habe ihn nie mehr eingeladen.
Bei der letzten Präsidentschaftswahl haben Sie sich, überzeugter Demokrat, für den Republikaner Bush stark gemacht. Warum?
Was Innenpolitik angeht, bin ich in allen Punkten anderer Meinung als Bush. Seine Ansichten zu Abtreibung, gleichgeschlechtlicher Ehe und Stammzellenforschung halte ich für lächerlich! Aber beim wichtigsten Thema überhaupt, internationaler Terrorismus, war Bush besser als John Kerry. Wir befinden uns in einem Krieg der Zivilisationen. Ich unterstütze Bush darin, dass er Terroristen bei denen zu Hause bekämpfen will und nicht erst, wenn sie bei uns sind. Viele verstehen das nicht und wollen weiter das Dolce Vita leben.
Eine zu lasche Einstellung haben Sie lange auch den Franzosen vorgeworfen, hatten sogar zum Boykott französischer Güter aufgefordert.
Na ja, nach dem Wahlsieg von Nicolas Sarkozy hat sich da zum Glück eine Menge geändert. Also kann ich auch wieder französische Weine trinken.
Interview: Severin Mevissen