Zur Person
Christo, 68, lebt mit seiner gleichaltrige Frau Jeanne-Claude in Soho.
Christo, 1935 in Bulgarien geboren, floh 1956 in den Westen. Drei Jahre später heiratete er die Tochter eines französischen Generals. Ihr erstes gemeinsames Verhüllungsprojekt war 1961 der "Wrapped Renault 4 CV". Foto darunter: Christo 1995 vor dem mit 100 000 Quadratmeter Polypropylengewebe verhüllten Reichstag in Berlin. Rund 13 Millionen Mark kostete das Projekt, fünf Millionen Menschen sahen den "Wrapped Reichtstag". Für Februar 2005 ist ihr neuestes Projekt geplant: Im Central Park werden 7500 fünf Meter hohe Tore aufgestellt, von denen Tücher herabhängen.
Das Interview mit Christo und Jeanne-Claude führte Thomas Jahn
Zurzeit arbeiten Sie mit Hochdruck an Ihrem neuen Projekt: Im Central Park sollen riesige Tore aufgestellt werden.
Jeanne-Claude: Wir sind so glücklich über unser erstes Projekt in New York. Zum ersten Mal werden wir auch keinen Jetlag haben - wir können die U-Bahn nehmen.
Die Tore - was sollen sie symbolisieren?
Christo: Eine Promenade der Schönheit, Innigkeit und Freude. Man kann durch sie hindurchgehen oder sie von außen anschauen. Die rechteckigen Pfeiler symbolisieren die den Park umgebenden Wolkenkratzer, im Kontrast zur strengen Geometrie New Yorks mäandern die Spazierwege dann wild durch den Park - wie die Stofftücher, die von den Toren hängen und sich unberechenbar im Wind bewegen.
Jeanne-Claude: Die Tore gehen von einer der reichsten Straßen der Welt - der 57th Street - bis zur 110th Street in Harlem. Alle Menschen können sich am selben Projekt erfreuen. Ich habe früher viele Stunden mit unserem Sohn Cyril in dem Park verbracht, als kleiner Junge spielte er dort jeden Tag - heute ist er 43 und hat fünf Gedichtbände geschrieben.
1964 kamen Sie als illegale Einwanderer nach Big Apple.
Christo: Wir lebten nicht nur drei Jahre ohne Erlaubnis im Land, wir wohnten auch verbotenerweise in unserem Studio, das nur für kommerzielle Zwecke freigegeben war. Wir hatten kein Geld, aber den besten Vermieter der Welt.
Sie beide sind am selben Tag zur selben Stunde geboren worden. Schicksal?
Jeanne-Claude: Ach was. Wir glauben nicht an Astrologie. Meine Mutter sagt: Auf diese Weise sparen wir einen Geburtstagskuchen. Wir arbeiten eh immer, auch an Weihnachten oder Ostern, und feiern nur, wenn ein Projekt abgeschlossen ist.
Ihr Leben dreht sich nur um Kunst?
Jeanne-Claude: Christo arbeitet 17 Stunden am Tag, ich nur 15 Stunden. Wenn wir ausgehen, essen wir ausschließlich im L'Ecole, einem französischen Restaurant ganz in der Nähe unseres Hauses.
Kochen Sie nie zu Hause?
Jeanne-Claude: Manchmal, dann wärme ich die Reste vom Restaurant auf. Das spart Zeit, Geld und Energie. Christo isst Bananen, viel Joghurt und noch mehr Knoblauch - roh und wie Bonbons. Mein Magen verträgt das leider nicht.
Sie nehmen kein Sponsorengeld, um ihre Unabhängigkeit zu wahren. Wie viel zahlen Sie für "The Gates" aus eigener Tasche?
Jeanne-Claude: Erst heute morgen habe ich ein Angebot von Audi abgelehnt. Christo und ich sollten einige Gebäude in Deutschland verhüllen, zwischen denen ein Audi fährt. Meine Antwort war klar: Auch für zehn Millionen Dollar machen wir das nicht. Unsere Projekte sind wie Kinder für uns: Sie kosten, was sie eben kosten. Wir hoffen, dass es jetzt nicht mehr als 20 Millionen Dollar werden.
Veränderte der Terroranschlag vom 11. September Ihr Vorhaben?
Christo: In tragischer Weise, ja. Der Anschlag führte dazu, dass Michael Bloomberg zum Bürgermeister gewählt wurde. Ohne ihn würde es "The Gates" nicht geben - so wie wir in Berlin ohne Rita Süssmuth nie die Genehmigungen erhalten hätten. Bloomberg schätzt unsere Kunst, kaufte zwei Zeichnungen.
Jeanne-Claude: Und er liebt New York. Er hat es nicht für uns getan, sondern für die Stadt. Uns interessiert das nicht. Wie jeder wahre Künstler machen wir Kunst für uns und unsere Freunde. Wenn jemand anders es mag, ist das ein Bonus. Den Reichstag haben wir nicht für die Berliner und die Besucher verhüllt - das war nur ein erfreulicher Nebenerfolg.