Sie wuchs in einem Kölner Waisenhaus auf und kam mit 17 nach Hamburg. In der Herbertstraße wurde sie zu Deutschlands BERÜHMTESTER HURE KIEZ- LEGENDEZur Person :
Domenica, 55, in ihrer Wohnung am Hamburger Hafen, wo sie allein lebt. In den Achtzigern gab es kaum eine Party auf St. Pauli, die sie nicht mit ihrer Oberweite schmückte - wie hier bei der Eröffnung vom »La Paloma«, der Kneipe des Malers Jörg Immendorff. Prominent wurde Domenica durch zahlreiche Auftritte in Talkshows
Angenommen, wir spielen die St.-Pauli-Version von Monopoly. Was wäre Ihnen die Herbertstraße wert?
Na, Sie sind ja ein Herzchen. Zehn Millionen, würd ich sagen. Aber es gibt bessere Straßen auf dem Kiez: Die Reeperbahn ist unbezahlbar.
Sie haben 17 Jahre lang dort angeschafft.
In der Herbertstraße, ja. Aber ich hatte vorher schon angefangen. Insgesamt waren's zwanzig Jahre
... in denen Sie zu Deutschlands berühmtester Hure wurden. Was hatten Sie, das andere nicht haben?
Gucken Sie doch mal genau hin! Außerdem mag ich Menschen, und das haben die auch gemerkt. Mich hat nicht nur das Portemonnaie interessiert, sondern auch die Männer. Ich hab die immer ausgehorcht - was sie tun, warum sie zu mir kommen.
Und warum sind sie gekommen?
Ach, die waren meist recht ehrlich: Weil's zu Hause nichts Neues mehr ist, weil die Frau krank ist. Eins haben immer alle gesagt: Ich liebe meine Frau, aber In meinem »Kopfkissenbuch« habe ich den Frauen später Tipps gegeben, wie man das Aber beheben kann.
Verraten Sie uns einen verlässlichen.
Es gibt keinen. Jede Frau braucht einen anderen Typ. Ich habe aber festgestellt, dass die Frauen am meisten Erfolg haben, die Männer zappeln lassen. Ein Nein reizt unglaublich.
Wären Sie ohne Ihre Oberweite ähnlich populär geworden?
Es hätte vermutlich länger gedauert. Ich merke, dass ich auch mit zunehmendem Alter noch ganz gut ankomme, wo alles nicht mehr ganz so aussieht wie früher. Auf Dauer zählen andere Dinge - Stimme, Ausstrahlung, Wärme. Nein, Titten sind unwichtig. Die haben mich nur faul gemacht. Wer weiß, vielleicht hätte ich sonst mein Hirn mehr angestrengt.
Wenn Sie noch mal von vorn anfangen könnten: Was wäre Ihr Berufswunsch?
Bloß nicht ins Milieu. Modezeichnerin wäre ich gern geworden. Oder Märchenerzählerin.
Werden Sie noch viel auf der Straße erkannt?
Hier in St. Pauli immer. Auch von alten Freiern: Neulich war ich irgendwo essen, und da war so ein Kapitänstreffen. Einen kannte ich ganz gut. Aber dann schweigt man lieber.
Was haben die Ihnen damals bezahlt?
Ach, mein Preis war gar nicht so hoch, wie viele dachten. Mal hattest du die ganze Nacht nichts, mal kam einer mit 1000 Mark und sagte, komm, lass feiern. Als ich dann durch die Medien geisterte, hab ich eh weniger verdient. Die Männer hatten Angst, zu mir zu kommen. Eine bekannte Hure ist furchtbar.
Anfang der 90er haben Sie mit dem Job aufgehört, um sich als Streetworkerin um drogenabhängige Mädchen vom Straßenstrich zu kümmern.
Ja. Die kamen dann alle zu mir, ach, du kannst uns helfen, du bist doch Domenica. Manchmal konnte aber auch ich nicht mehr helfen. Ich habe viele Mädchen sterben sehen.
1998 übernahmen Sie die Kneipe »Fick« am Fischmarkt und tauften Sie »Domenica«.
Ich dachte, ich kriege da einen Rentnersitz. Aber das war so ein winziger Laden, wenn ich reinkam, zupften die alle an mir rum und grölten - furchtbar. Ich fing wieder an zu trinken, ich konnte das nervlich nicht mehr ertragen. Es hat mir nichts gebracht, außer ein paar Nullen mehr auf dem Konto - Miese.
Eine Telefonsex-Firma wirbt mit Ihrem Namen ...
ja, dazu steh ich auch. Da können Menschen anonym loswerden, was sie sonst nicht zu sagen wagen und als explosiven Druckkessel mit sich rumschleppen. Außerdem: Von irgendwas muss ich ja meine Miete zahlen.
Wie geht es Ihnen denn jetzt?
Wie soll's einem Menschen gehen, dem alles zusammengebrochen ist? Ich kann zwar wieder lachen, aber ich brauche im Moment auch viel Ruhe.
Gibt es etwas, das Sie heute genießen?
Ich denke über mein Leben nach. Dafür hatte ich nie Zeit. Weil ich es auch nicht wollte. Aber jetzt finde ich es sehr spannend.