was-macht-eigentlich Susanne Erichsen

Die damals 24-Jährige wurde 1950 in Baden-Baden zur ersten bundesdeutschen MISS GERMANY gewählt. Danach machte sie in den USA als Topmodel Karriere und verkörperte perfekt das deutsche »Fräuleinwunder«

Die damals 24-Jährige wurde 1950 in Baden-Baden zur ersten bundesdeutschen MISS GERMANY gewählt. Danach machte sie in den USA als Topmodel Karriere und verkörperte perfekt das deutsche »Fräuleinwunder«Zur Person :

LADY MIT STIL - Susanne Erichsen, 75, vor dem Haus im Berliner Grunewald, in dem sie mit Corgi »Eddie« in einer kleinen Wohnung lebt. Als Nummer 7 erkämpfte sie sich den Titel der Miss Germany. Preis für den Sieges-Lauf: ein Schminkköfferchen und eine Flugreise in eine deutsche Stadt ihrer Wahl

Wie lange haben Sie denn heute morgen vor dem Spiegel gestanden?

Fast gar nicht, nur zum Haarebürsten und Zähneputzen. Ich schminke mich nur, wenn etwas Besonderes anliegt.

Und vor dem Kleiderschrank?

Auch nicht lange. Ich fühle mich hier im Berliner Grunewald wie auf dem Land, im Alltag bin ich salopp und sportlich gekleidet. Wenn ich in die Stadt fahre, mache ich mich hübsch.

Vor fünfzig Jahren gewannen Sie die erste Miss-Wahl der jungen Republik und machten danach auch in den USA als »Fräuleinwunder« Karriere. Sehnen Sie sich manchmal danach, wieder die Schönste zu sein?

Dieses Gefühl, dass das so ist, habe ich nie gehabt. Ich war die Schönste, sicher, aber ich habe das nie gelebt.

Sie waren nach dem Krieg zwei Jahre lang als Zwangsarbeiterin in sowjetischen Straflagern. Hatte Ihr Aussehen gelitten in dieser Zeit?

Einige Jahre habe ich schon gebraucht, um mich auszukurieren, mit Wasser im Körper und Ödemen. Ich war ganz aufgedunsen. Aber ich habe es geschafft, ich hatte eben eine fabelhafte Konstitution.

Wie wurden Sie denn entdeckt?

Ich bin nach München getrampt und wollte eigentlich Cutterin werden. Auf der Prinzregentenstraße sprach mich eine Dame an: »Ihr Kopf gefällt mir. Wollen Sie für Hutfotos posieren?« Das war die Modejournalistin Lore Wolf. Bald darauf kam das erste Shooting.

Mit Ihren dunklen Haaren und hohen Wangenknochen wirkten Sie nicht gerade typisch deutsch. Warum hat man Sie am 2. September 1950 in Baden-Baden dennoch zur Schönsten des Landes gewählt?

Das Publikum durfte auf die Eintrittskarten die Nummer seiner Wahl aufschreiben. Bei denen hatte ich die Mehrheit. Die Jury dagegen...

Sie wären fast gescheitert, weil Sie schon einmal verheiratet waren.

Das gab ein Riesentheater. Ich musste nachweisen, dass meine Ehe schon längst annulliert wurde, weil ich damals, am Ende des Krieges, mit 19 noch nicht volljährig war.

In New York haben Sie mit 100 Dollar pro Stunde manchmal so viel verdient wie ein deutscher Arbeiter im Monat. Hat das im Trümmer-Deutschland auch Neid erregt?

Bis heute habe ich das Gefühl, dass vor allem deutsche Frauen neidisch sind auf den ganzen Luxus, den ich erlebt habe. In New York hingegen kam mal eine Frau zu mir und sagte: Ihr verdient viel mehr als ich, aber ich finde das schön, was ihr macht, und es ist gut so.

Später, in den 60er Jahren, haben Sie in Berlin eine »Charme-Schule« eröffnet. Kann man so was überhaupt lehren?

Erst war das nur eine reine Mannequin- und Fotomodell-Ausbildung, später kam die »Schule in Sachen Schönheit. Gewusst wie« dazu. Für alle Frauen, die ein bisschen Pep haben wollten in Haltung und Auftreten.

Wie sieht Ihr Leben denn heute aus?

Ohne größere Höhepunkte. Ich kümmere mich um meinen fünfjährigen Corgi Eddie. Eine alleinstehende Frau hat's schwer, das können Sie mir glauben. Und die Berliner ignorieren mich, die holen jetzt die bekannten Namen, haben aber vergessen, wer in ihren Mauern lebt.

Heute machen Miss Germanys selten Karriere als Topmodel. Fehlt es an Ausstrahlung?

Ich verfolge das nicht so sehr. Vielleicht werden die ja alle weggeheiratet. Ich gehe auch nicht mehr auf Miss-Germany-Wahlen. Mich ärgert schon genug, dass es da inzwischen fünf verschiedene oder sogar mehr gibt.

Verona Feldbusch, die bekannteste Miss Germany der 90er, ist beim Fernsehen gelandet. Wäre das etwas für Sie gewesen?

Das Modeln in Amerika schien mir einfach attraktiver. Bevor ich nach New York ging, habe ich sogar einen Filmvertrag ausgeschlagen, das müssen Sie sich mal vorstellen! So habe ich vielleicht eine Kinokarriere versäumt.

Viele Models hungern, etliche nehmen Drogen wie Kokain, um den Stress durchzuhalten. Wie haben Sie das damals gemacht?

Wir haben alle Aufputschmittel genommen. Außerdem viele Zigaretten und Schnaps, Scotch, das peppte auf. Und gehascht haben wir auch.

Was ist wichtiger, als schön zu sein?

Freundschaft und Zuverlässigkeit. Ich habe in meinem Leben sehr viele Leute kennen gelernt. Aber erst, wenn man endlich Freunde hat, ist man reich.

Interview: Sebastian Lehmann

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