Herr Herrmann, vor Ihnen liegt ein spannendes Segeljahr, unter anderem mit der Non-Stop-Regatta "Vendée Globe". Wie sehr fiebern Sie dem entgegen?
Mit drei Solorennen liegt ein aufregendes Jahr vor mir und meinem Team: zwei Atlantik-Überquerungen im Frühjahr und die Vendée Globe, die im November beginnt. Schon als Teenager hatte ich den Traum, daran teilzunehmen.
Was macht die "Vendée Globe" besonders?
Die Regatta gilt als der Everest der Meere: allein und nonstop um die Welt. Das ist eine enorme Strapaze, monatelang mit Stürmen, Reparaturen und Einsamkeit zu kämpfen. Aber gerade deshalb ist es ein einzigartiges Abenteuer. Dies wird meine zweite Vendée Globe sein, obwohl ich mir während des letzten Rennens schwor, nie wieder teilzunehmen. Aber ich bin ein Wettkämpfer, ich will Herausforderungen meistern und mit meinem Team unser Bestes geben. Wir haben ein neues Boot mit Blick auf dieses Rennen gebaut, in weniger als zwei Jahren sind wir bereits zweimal um die Welt gesegelt und jetzt kann ich es kaum erwarten, wieder im Südpolarmeer in See zu stechen.
Sie schippern seit neustem aber auch in anderen Gewässern, nämlich der Mode. Gemeinsam mit der Marke Olymp haben Sie eine Kollektion entworfen. Wie kam es dazu?
Die Partnerschaft begann durch unsere gemeinsame Leidenschaft für Nachhaltigkeit. Der Inhaber Mark Bezner ist selbst Sportler. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Daraus entstand die Idee, eine Modekollektion zu entwickeln, die vom Stoff bis zum Knopf ausschließlich aus natürlichen Materialien besteht und dabei auch meinem Stil entspricht.
Die Kollektion umfasst nur sieben Teile. Warum so wenige?
Es handelt sich um eine Kapselkollektion, also um eine Linie aus nur wenigen Teilen mit neutralen Farben, die sich alle problemlos kombinieren lassen, zeitlos sind und möglichst lange genutzt werden. Mir gefällt das, weil es nachhaltig ist und meinen Prinzipien entspricht, nämlich: aus wenig viel zu machen.
Mode ist eine Möglichkeit, sich auszudrücken, ästhetisch, aber auch politisch.

Ihre Segelkleidung ist normalerweise hochfunktional, sie muss jedem Wetter standhalten. Warum haben Sie Mode aus Naturfasern entworfen?
Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, natürliche Materialien zu verwenden, nachhaltig zu produzieren und trotzdem leistungsfähige Produkte zu haben. Als wir unsere Rennyacht bauten, beschlossen wir, bestimmte Teile des Bootes durch Naturfasern wie Flachs zu ersetzen. Somit haben wir etwa 100 Kilogramm Naturmaterial an Bord: die Lukendeckel, Motorabdeckung oder auch die Bodenplatten. Das ist nur ein geringer Anteil, aber man muss mit kleinen Schritten beginnen, so auch in der Mode. Auch dort gibt es in der Produktionskette noch viele Etappen, die sich nachhaltiger gestalten ließen. Aber wenn jeder kleine Schritte macht, wird die Veränderung groß sein.
Sie verbringen viel Zeit auf hoher See. Wie erleben Sie die Verschmutzung der Meere?
Ich segle nicht durch riesige Gebiete mit Müll, obwohl Mikroplastik im Weltmeer weit verbreitet ist. Dennoch sind die Konsequenzen der Klimakrise überall spürbar, auch in dem weit entfernten Südmeer. An Bord unserer Rennyacht messen wir mit einem Mini-Labor unter anderem den CO2-Gehalt des Ozeans. Das hilft Forschern dabei, besser zu verstehen, wie der Ozean durch menschengemachtem CO2 seine Funktion als Klimaanlage der Erde zu verlieren droht.

Die Modeindustrie gilt als eine der schmutzigsten der Welt. Wie kann man mit Kleidung dennoch ein Statement für mehr Nachhaltigkeit setzen?
Mode ist eine Möglichkeit, sich auszudrücken, ästhetisch, aber auch politisch. Jeden Tag sendet man eine Botschaft mit der Kleidung, die man anzieht. Manche drücken sie durch die Materialien oder die Herstellung aus, andere durch Slogans auf ihrer Kleidung, wie etwa „There’s no Planet B" oder „Act Now". Als Team Malizia tragen wir unsere Botschaft auf den Segeln unserer Rennyacht: „A Race We Must Win – Climate Action Now!” und das Logo der Sustainable Development Goals (SDG), den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Beide sind Signale für den Klimaschutz und für die Gesundheit des Ozeans.
Welches ist das praktischste Kleidungsstück für eine Weltumseglung?
Um die Welt zu segeln bedeutet, alle Arten von Wetterbedingungen durchzustehen. Vom eiskalten Südpolarmeer bis zur schier unerträglichen Hitze in den Tropen, ebenso sich den Wellen zu stellen, wenn man ein Segel wechselt oder etwas an Deck kontrolliert. Dabei ist hochwertige Schwerwetterkleidung unerlässlich, wie zum Beispiel mein rotes Ölzeug.
Welche Kleidungsstücke sind für Sie – privat oder beruflich – unerlässlich?
Ein Overshirt! Eine Hemdjacke aus etwas dickerem Material, das smart aussieht und zugleich sehr bequem ist. Ich habe eine solche in Dunkelblau, sie begleitet mich bei jeder Reise.