Hutmacherei Mühlbauer Gut behütet

  • von Marina Kramper
Beim Entwerfen ihrer Hüte halten sie sich die Bäuche vor Lachen. Bei der Herstellung der Hutmodelle geht es professioneller zu: Klaus und Marlies Mühlbauer haben mit geschwisterlichem Schwung die marode Familienfirma zurück auf den Modemarkt gebracht.

Als Marlies Mühlbauer von einer Einkaufsreise in die Werkstatt zurückkehrte, war ihr Bruder Klaus gerade dabei, sich aus leinenen Schals einen Turban zu wickeln. Marlies tat, was jede Schwester tut, wenn der Bruder sich zum Kasper macht. Sie fing an zu lachen. Lachen wirkt ansteckend, unter Geschwistern sowieso. Irgendwann lagen beide am Boden und hielten sich die Bäuche.

Was sich anhört wie "Verkleiden", ist Teil eines kreativen Prozesses, der die Wiener Hutmacherei Mühlbauer mit Humor aus der Krise geführt hat. Marlies und Klaus Mühlbauer haben die marode Wiener Traditionsfirma vom Vater übernommen. Sie arbeiten und entwerfen im Team und ergänzen sich ausgezeichnet. Der Turban beispielsweise gehört zur aktuellen Sommerkollektion. Der Stoff, aus dem die Hüte sind, ist Frohsinn: "Jeden neuen Hut setzen wir uns erst mal gegenseitig auf", sagt Marlies, "und obwohl ich meinen Bruder so gut kenne, muss ich dabei meist lachen, bis die Tränen kommen."

Ein Hut von Mühlbauer war in Wien ein Begriff wie Sachertorte oder Hofreitschule. Seit 1903 gibt es die Hutmacherei am Franz-Josefs-Kai. In den guten Zeiten, als der Hut noch ein unverzichtbares Kleidungsstück war, gab es in Wien 15 Mühlbauer Hutgeschäfte. Das Ende kam schleichend. Der Hut verschwand in den frühen Siebzigern allmählich aus dem Straßenbild. Mühlbauers passten sich an, verkauften zusätzlich Schirme, Tücher, Oberbekleidung. Sogar ein reines Trachtengeschäft gab es.

Japaner machten das Unternehmen wieder bekannt

"Als mein Vater zu uns sagte, dass er die Firma Mühlbauer aufgeben müsse, war uns sofort klar, dass dies nie passieren darf. Mein Vater hat die Firma eigentlich immer nur niedergehen sehen", so das Resümee der Tochter, "das wollte er uns ersparen. Er bestand darauf, dass wir etwas ganz anderes machen." Etwas ganz anderes, das war im Fall des Bruders Klaus ein Betriebswirtschaftsstudium; Marlies machte Kariere als Grafikerin. Beide haben in ihren früheren Berufen gelernt, wie man eine Marke macht, einen Stil bildet.

Nun sind Mühlbauers Erben dabei, den Namen wieder zu seiner ursprünglichen Bedeutung zu verhelfen, zu einer Marke zu machen. Der Durchbruch kam auf der Modemesse in Paris. "Der Gang ins Ausland war wichtig, der Blick weitet sich." Via Internet verkauft sich die Kollektion in die ganze Welt. Vor allem die Japaner verhalfen den kreativen Geschwistern zum Durchbruch und zu internationalem Ruhm. Heute haben die Hüte einen modischen Witz, der auf die Strenge und den Ernst der Nachkriegszeiten verzichtet. Die Kollektion kommt vollständig ohne Pathos aus und arbeitet mit Zitaten aus der Folklore und Modegeschichte. Seilergasse 5, das Stammhaus der Mühlbauers ist seit drei Jahren wieder ein reines Hutgeschäft.

Marlies Mühlbauer hat sich bei der Umstrukturierung der Marke Gedanken gemacht, wie man den Hut wieder boulevardfähig machen kann. Immerhin gebe es auch heute noch genügend Anlässe, Hüte zu tragen, so die Designerin. Dabei setzt sie auf "Cross dressing". Das bedeutet nichts anderes, als die Kombination verschiedener modischer Stile und Genres: Jeans mit Strick und eben Hut. "Der Hut ist in diesem Stil zu einem Accessoire geworden wie eine Tasche."

Besser gekleidet mit Hut

Auch qualitativ haben die Hüte etwas zu bieten. Neben den herkömmlichen Wollfilzen arbeiten die kreativen Geschwister mit Haarfilzen, die in Tschechien meist aus Hasenhaar hergestellt werden. "Haarfilzhüte behalten viel länger ihre Form, laufen nie ein, sind wärmer und man kann sie immer wieder aufbürsten." Mühlbauers lassen die Hüte zum Beispiel mit Tiger- oder Leopardenmuster bedrucken und machen den Haarfilz zum Hingucker.

Von der Zwanziger Jahre Bubikopf-Haube bis zur Military-Kappe ist im neuen Sortiment alles vertreten. Die Materialien variieren, je nach Jahreszeit, zwischen Leder mit Kaninchenfell oder kühlem Leinen. "Ulan Bator", wie eine Winterkollektion heißt, meets "Panama". Auch die Namen der Kollektionen zeigen den Spaß, den die beiden kreativen Köpfe beim Entwerfen hatten. "Tiffany", "Visite ma tente", "Sugar daddy", "Hadschi bratschi" oder "Ella Fritz Gerald" heißt die neue Sommerkollektion. Im Winter tummeln sich "nights are lonely" zwischen "snow" und "deep snow".

Ein Mühlbauer Modell lässt sich ebenso am Prenzlauer Berg ins Alternativ Cafe tragen wie auf der Apres-Ski Meile von Cortina D'Ampezzo. Zu den bekennenden Kunden gehören Lenny Kravitz und Roger Cicero, Meryl Streep und Yoko Ono. Den Griff zur Kopfbedeckung erklärt Mühlbauer so: "Auch wenn man sonst eher sportliche Sachen trägt, ist man mit Hut besser gekleidet, als ohne. Der Hut individualisiert die Kleidung. Man kleidet sich heute eher neutral aber man schmückt sich."

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