Hamburg, Hafen, Hans Albers – ein harmonischer Dreiklang. Wenn Karl Lagerfeld etwas in die Hand nimmt, dann stimmt eben alles. Für seine große Chanel-Modenschau in der Elbphilharmonie hatte er ein Kammerorchester engagiert. Das spielte zur Eröffnung im großen Saal des Konzerthauses "La Paloma", den Welthit des Hamburger Helden Hans Albers. Ein Hauch von Seemanns-Melancholie wehte da gleich durch den Raum, in dem sich die internationale Modewelt versammelt hatte: Emmanuelle Alt, Chefin der französischen "Vogue", Derek Blasberg, Modejournalist und Liebling der Models, die Schauspielerinnen Kristen Stewart und Tilda Swinton. Natürlich kam auch die deutsche Prominenz – Christiane Paul, Sandra Hüller, Lars Eidinger, Jan Delay.
"Métiers d'Arts"-Kollektion wird jährlich gezeigt
Die Models schritten vom obersten Rang nach unten in den Saal an den Zuschauern vorbei und präsentierten die diesjährige "Métiers d'Arts"-Kollektion von Chanel, eine Zwischenkollektion, die das Modehaus seit 2002 jährlich an unterschiedlichen Orten der Welt zeigt. In diesen Kollektionen wird die Handwerkskunst der zwölf Manufakturen gefeiert, die Lagerfelds Ideen mit ihrer Fertigkeit wahr machen. Tausende Stunden Handarbeit stecken in den einzelnen Teilen – Plissees, Kaschmirwolle, Perlenstickereien, Organza, kunstvolle Schuhe und Knöpfe. Einige der Firmen haben bereits für Coco Chanel gefertigt, das Kunsthandwerk wird seit Generationen weitergegeben.
Gespannt warteten alle, was sich Karl für seine Heimatstadt ausgedacht hat. Denn die Kollektionen sind immer auch eine Hommage an den Ort, an dem sie gezeigt werden. In großen Seemann-Strickpullis mit Zopfmuster, auf den Köpfen Kapitänsmützen, schritten die ersten Models dann durch den Saal. Der Matrosen-Look inspirierte einst auch Coco Chanel, für Hamburg hat Lagerfeld ihn neu in Szene gesetzt. Marineblau und dunkelgrau waren – ganz Hamburger Geschmack – die vorherrschenden Farben der Kollektion. Als Accessoires gab es Seesäcke und Täschchen, die an Schiffscontainer erinnerten. Die wenigen Männer, die sich unter die Models mischten, hielten Pfeifen in den Händen. Ein bisschen Klischee hat schließlich noch nie geschadet.
Nach 20 Minuten war die Show vorbei, die Models reihten sich zum Finale um das Orchester auf. Als Karl Lagerfeld die Bühne an der Hand seines Patensohnes betrat, dem neunjährigen Hudson Kroeger, war die Rührung des Publikums greifbar. Und als Tilda Swinton in der ersten Reihe aufsprang, um Standing Ovations für eine wunderbare Kollektion zu geben, machten alle mit. Ein Tosen ging durch den Akustik optimierten Saal, manche hatten Tränen in den Augen. Es war eben doch mehr als eine Kollektion in einer schönen Stadt, es fühlte sich in dem Moment an, wie Lagerfelds Heimkommen nach vielen Jahren.
Großes Gedrängel auf dem Weg zur Aftershow-Party
Dann ging alles sehr schnell, die Menschen strömten aus dem Saal. Rund 300 Shuttles waren bestellt, um die Gäste zur Party in die Fischauktionshalle zu bringen. Das lief nicht gleich so glatt, wie sich die feine Gesellschaft das vorgestellt hatte – der ein oder andere benahm sich dann auch eher unfein, drängelte, schubste, um bloß in eines der ersten Autos zu kommen.
In der Fischauktionshalle war der Ärger dann aber schnell vergessen. Ein kleiner Männerchor, trällerte den Ankommenden "My Bonnie is over the Ocean" entgegen; an langen Tafeln voller Kerzenleuchter gab es Essen – Hamburger Aalsuppe, Backfisch, rote Beerengrütze. Die Atmosphäre war eher seemännisch rau gehalten, tätowierte Muskelmänner saßen zwischen zarten Damen mit Glitzer-Stiefeln. In einem kleinen Tattoo-Studio, konnte man sich den Unterarm mit Chanel-Klebetattoos verzieren lassen. Am Ende wollte man am liebsten aufbrechen und mit einem Schiff zur See fahren. Natürlich mit Kapitänsmütze und in einem der warmen Seemanns-Pullis, die Karl Lagerfeld für seine Stadt entworfen hat. Ahoi.