Denken Sie an die Schlümpfe. Oder an Bibi Blocksberg. Oder – so wie die Mitglieder eines New Yorker Kunstkollektivs – an die japanische Zeichentrickfigur Astro-Boy. Was haben sie alle gemeinsam? Statt richtiger Schuhe tragen die gezeichneten Figuren eine Mischung aus Socken und Stiefeln an den Füßen, simpel in der Form und überall abgerundet. Etwas, das für Cartoons recht typisch ist, von dem man aber weiß Gott nie erwartet hätte, dass es den Sprung in die reale Modewelt schafft.
"Big Red Boots" sind der letzte Schrei
Vermutlich, das muss man der Fairness halber sagen, hätten wohl selbst die Hersteller der "Big Red Boots", der großen, roten Stiefel, nicht damit gerechnet, dass jemand ihre Kreation im echten Leben an den echten Füßen trägt. Doch es passiert: Stars wie Ciara, Diplo oder Lil Wayne zeigten sich öffentlich mit massiven, comicartigen Plastikbotten. Schuld daran ist MSCHF, eine Künstlergruppe aus Brooklyn, die bisher besonders mit provokanter Aktionskunst auf sich aufmerksam machte.

So verkauften die Aktivist:innen um Gründer Daniel Greenberg etwa Eis am Stiel, das die Gesichter schwerreicher Männer darstellte – Jeff Bezos, Bill Gates & Co. Eine Portion: zehn US-Dollar. Titel des Projekts: "Eat The Rich".
MSCHF hat also Humor – und Geschäftssinn. Beides trifft auch bei den "Big Red Boots" zusammen: Die absurde Fußbekleidung kostet 350 US-Dollar (derzeit ausverkauft). Für Stiefel, die weder besonders bequem noch besonders teuer in der Herstellung aussehen, ein sehr selbstbewusster Preis.
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Humor in Sachen Mode ist ja prinzipiell nichts schlechtes: Wenn coole Indie-Mädchen sich ironisch ein "Barbie"-T-Shirt zur Baggy-Pants anziehen oder Skater-Jungs ein Sakko über das XXL-Shirt, dann zeugt das von so lobenswerten Qualitäten wie Kreativität und Widerstand gegen die gesellschaftlichen Standards, außerdem von der Fähigkeit, sich selbst und sein Äußeres nicht permanent bierernst zu nehmen.
Darf humorvolle Stiefel-Mode teuer sein?
Insofern sind auch die roten Stiefel lustig, klar. Allerdings stellt sich die Frage, ob Mode lustig sein darf, wenn sie a) mit künstlerischem Anspruch kokettiert und b) viel Geld kostet. Wir erinnern uns an diverse Aufreger aus dem Modehaus Balenciaga, die Handtaschen im Müllbeutel-Look für mehr als 1000 Euro das Stück anboten. Wo hört der Spaß auf – und fängt der Zynismus an?
Es ist jedenfalls beachtlich, wie eine kleine Gruppe aufmüpfiger New Yorker derzeit zahlreiche Stars dazu bringen, in buchstäblichen Clownsschuhen vor die Tür zu gehen. Das muss irgendetwas über unsere Gesellschaft aussagen. Die Frage ist: was?