Romantik, Folklore und Antike: Das sind drei Schlüsselworte zur Halbzeit der Pariser Prêt-á-Porter-Woche für Frühjahr/Sommer 2005. Doch wer sich die kommende Saison als eine Art Kostümfest mit Frauen im Schäferinnen-Look oder als Antigone gekleidet vorstellt, liegt falsch. Die Anspielungen kommen leise gesäuselt, als trage sie ein sanfter Wind durch die Kollektionen. Und dieses Lüftchen scheint die Entwürfe auch aufzublasen, ihnen Volumen zu geben.
Weite ist eine andere Konstante dieser Schauen. Bauschige Ärmel, blusige Oberteile und mehrlagige Röcke gehen zuhauf über die Laufstege. Kunstvoll wirken Drapierungen, die Elemente der Klassik aufnehmen. Eine heitere Stimmung liegt über der neuen Sommermode. Die Farben - Türkis, Fuchsia, Apfelgrün, Limone und Weiß - leuchten; schreiend sind sie nicht.
Laut wird es bei Chanel
Bei Chanel wurde es am Freitagvormittag allerdings doch laut. Designer Karl Lagerfeld bat die Fotografen sogar über Lautsprecher, vom Laufsteg zu steigen. Da standen sie, um besser Superstar Nicole Kidman ablichten zu können, die in der ersten Reihe saß. Immerhin hatten sich die meisten Bildreporter an die Bitte des Hauses gehalten, in Schwarz und Weiß gekleidet zu erscheinen.
Mit schwarzen Roben begann dann auch die Schau, eröffnet von vielen ehemaligen Supermodels wie Naomi Campbell (im Glitzerkleid), Linda Evangelista, Amber Valetta und Nadja Auermann (im schwarzen Abendkleid mit Schleierrock). Erstaunlich frisch und mädchenhaft war nach dem dramatischen Start die Mode: Schmale Tweed-Kostüme in hellen Pastellen, goldener Jeans-Look mit zarten roséfarbenen Chiffonhemden kombiniert oder strahlendweiße lange Kleider mit Häkelspitze.
Akris liebt die leisen Töne
Der leise Auftritt ist Sache der Schweizer Couture-Marke Akris. In den vergangenen Saisons galten sie als Geheimtipp, jetzt interessieren sich Einkäufer und Journalisten "offiziell" für sie. Akris zeigte diesmal direkt nach Chanel, und zum ersten Mal im Louvre statt wie zuvor im eigenen Showroom. Der Termin gilt wie ein "Vorrücken" in die erste Reihe. Denn vom richtigen Zeitpunkt hängt in der Schauenwoche ab, ob die Schlüsselfiguren des Metiers anwesend sind.
"Ich glaube, wir sind reif für den Schritt in den Louvre", sagte Akris-Chef Albert Kriemler vor der Schau. Er hoffe, dass er den Ansprüchen gerecht werde. Der Jubel nach dem Defilee gab ihm Recht. Eine subtile Poesie lag über den Entwürfen, deren Farbgebung von dem italienischen Maler Giorgio Morandi beeinflusst war. Mattes Beige und Braun, Grün und Rosé in "rauchigen" Pastellen ergaben eine perfekte Harmonie. Hauchzarte Strickoberteile wurden zu schwingenden Röcken in strukturierten Stoffen getragen, schmale Korsagen und elegant gemachte Uniformjacken zu überlangen Hosen. Raffinesse lag in den Drapier-Effekten, den Spitzenlagen und Lederbesätzen.
Erste Schau von Roberto Menichetti
Mit Spannung war die erste Schau des Italo-Amerikaners Roberto Menichetti für das französische Luxushaus Céline erwartet worden. Menichetti hatte erst vor kurzem die Nachfolge des Amerikaners Michael Kors angetreten. Dank Kors’ zeitgemäßer Mischung aus Sportswear und Eleganz gilt Céline heute als In-Marke. Die "Stab- Übernahme" fällt also nicht leicht, auch wenn Menichetti selbst durchaus Star-Qualitäten hat. Er zeigte am Donnerstag eine auf den ersten Blick schlichte Kollektion mit raffinierten Details. Schmale Seidenkleider, Tops und knappe taillierte Mäntel wurden mit kleinen Volants, Falten und Raffungen interessant. Hübsch waren seine Röcke, knapp knielang und mit Kellerfalten. Die Farben und auch die floralen Muster erinnerten mit ihrem Schimmer an die 30er Jahre.
Leichtigkeit bei Stella McCartney
Mit Leichtigkeit beschäftigte sich auch die Britin Stella McCartney. "Die Kollektion ist vom sanften Glanz der Frauen mit einem gesunden Lebensstil inspiriert. Frische Gesichter und eine gewisse Unschuld", hatte sie vor ihrer Schau verkündet. Weite, weiße Blusen, weiche hellblaue Trenchcoats und lange, über Röcken getragene Blumenkleider erinnern an die Romantik der 70er Jahre. Kombiniert werden diese bauschigen, doch lockeren Entwürfe aber auch mit feinen Smokingjacken. Die hochhackigen Espadrillo-Schuhe machen den Eindruck eines ultraschicken Nachmittags auf dem Lande perfekt.