Auch fünf Jahre nachdem sie aufgehört hat zu trinken, ist sie immer noch Alkoholikerin – das ist Mimi Fiedler so wichtig, dass sie schon in der Vorstellungsrunde des Psychologie-Podcasts "So bin ich eben" ihren Gastgeber Lukas Klaschinski korrigiert. "Ich bin immer noch süchtig, meine Alkoholsucht ist nicht überwunden", stellt sie dort schon gleich zu Beginn klar. Und berichtet dann ausführlich, was die Sucht auch nach Jahren für ihr Leben bedeute.
Denn Psychologe Klaschinski, der den Podcast gemeinsam mit Kollegin Stephanie Stahl betreibt, hatte sich einen kleinen Versprecher erlaubt: "Es geht um Alkoholsucht, im spezifischen über deine Alkoholsucht, die du mal hattest", wollte er gerade das Gespräch einleiten. Die Vergangenheitsform will Fiedler so aber nicht stehen lassen: Ihr sei wichtig, dass verstanden würde, dass alkoholsüchtige Menschen immer süchtig bleiben, betont sie.
Sucht nicht überwunden
"Ich bin nicht mehr krank, ich bin quasi 'nur noch' Alkoholikerin", erklärt die heute 48-Jährige. Dass sie es schaffte trocken zu werden, sei für sie "jeden Tag ein neues Wunder." Das heißt aber nicht, dass sie nicht weiter eine Gefahr sieht. "Letzten Mai, da bin ich fast rückfällig geworden", erzählt sie. Als sie beim Schreiben an ihrem Buch "Trinkerbell" in alten Notizen gelesen habe, sei es über sie gekommen. "Es war wie eine Keule, die auf mich eingedroschen hat von hinten", beschreibt sie den plötzlich wiederkehrenden Drang zu trinken.
"Der Saufdruck kam nicht mal so elegant um die Ecke. Sondern er stand einfach im Raum. Wie ein ungebetener Gast, der die Tür eingetreten hat und sagte: 'Na Süße, hast du gedacht, ich bin weg'", erinnert sie sich. Dabei habe sich bei den Notizen nicht einmal um schöne Erinnerungen gehandelt. "Ich habe eigentlich keine schönen Erinnerungen ans Trinken."
Sie sei an dem Tag alleine Zuhause gewesen, hätte zu wenig getrunken und gegessen. Nur dass ihre erwachsene Ziehtochter Anna sie plötzlich spätabends "terrorangerufen" hat, habe sie gerettet. "Die hat immer ein Gespür für mich gehabt. Um 22 Uhr schlafe ich normalerweise", berichtet Fiedler. Die Anrufe hätten sie vorm Griff nach der Flasche bewahrt. "Das war knapp."
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Suchtdruck bleibt
Allgemein habe der Suchtdruck im Laufe der Zeit dennoch nachgelassen. "Das hatte ich in den ersten Monaten stark. Aber dann hat es sich verflüchtigt", erklärt sie. Durch die Anonymen Alkoholiker habe sie Mechanismen gelernt, um damit umzugehen. "Aber ich habe es eigentlich nicht mehr so schlimm."
Die Ursache für ihr Trinken sieht Fiedler auch in den Verletzungen ihrer Vergangenheit. "Nüchternsein ist die Erkenntnis, dass man trotz seines Schmerzes – und ich habe wirklich tiefe Schmerzen erlebt, wie ganz viele Menschen – glücklich sein darfst", fasst Fiedler für sich zusammen. Die Idee, moderiert zu trinken, lehnt sie deshalb für sich ab.
Trinken gegen den Schmerz
Dass sie heute trocken ist, ist für sie auch deshalb so sehr ein Wunder, weil sie schon lange mit der Sucht kämpft. "Die erste Begegnung mit Alkohol hat mich sofort zu einer Süchtigen gemacht", sagt sie über das erste Bier mit 14 Jahren. "Ich war rückblickend sofort alkoholkrank." Sie habe das Gefühl des Betrunkenseins ab dem ersten Moment genossen und sich gedacht: "Ich muss mehr davon haben."
Als Ursache vermutet sie Missbrauch, den sie mit sieben Jahren erlebte. Das sei ihr aber lange nicht bewusst gewesen. "Ich habe mich schon als Kind nicht gut gefühlt, fühlte mich neben mir", erinnert sie sich. Die Leichtigkeit aus dem Alkohol habe ihr geholfen, ein Unwohlsein zu unterdrücken. "Es hat mich taub gemacht." Heute sehe sie ihr betrunkenes Selbst fast als Persiflage ihrer selbst.
Keine Rückkehr vor die Kamera
Die meiste Zeit habe sie alleine getrunken. "Ich war eine anscheinend normale Person", staunt Fiedler im Nachhinein über sich. Auch die Schauspielerei habe da hineingespielt. "Es hat eine gute Funktion gehabt, nichts mit mir selber zu tun zu haben, sondern eine Rolle zu spielen", glaubt sie. "Und ich habe schnell begriffen, dass die Hotelzimmer und die Anonymität der Hotels ein guter Dealer für mich sind. Weil mich da keiner kontrolliert."
Sie habe sich nach Drehschluss deshalb immer alleine betrinken können. "Vorher an der Tankstelle vorbei, mir Alkohol kaufen und mich betrinken. Und das habe ich fast 25 Jahre so gemacht." Mit dem Ende des Alkohols war daher auch ihre Karriere für sie zuende. "Weil ich gar nicht mehr spielen will. Weder privat, noch beruflich. Und mir auch eingestehen musste, dass mich der Beruf an sich – das Spielen an sich –, auch nie richtig erfüllt hat." Stattdessen würde sie sich nun auf Coaching und das Schreiben konzentrieren. Eine Rückkehr schließt sie aus. "Mal sehen, wo mein Weg mich hinführt. Auf jeden Fall nicht vor eine Kamera."
Quelle: Podcast
Hinweis der Redaktion: : Der Podcast "So bin ich eben" erscheint bei RTL+. Der stern gehört zu RTL Deutschland.