Ja, "Dark" war gut. Gut insofern, als dass das Thema der Netflix-Serie spannend gewählt ist, der Soundtrack super, die Schauspieler stark und die Bilder überwältigend sind. Das konnte man gut gucken. Aber auch "Dark" hakte oft an Stellen, die leider typisch sind für deutsche Serien und die im Vergleich zu mutigen Hochglanz-Produktionen aus anderen Ländern ärgerlich auffallen. Unter anderem die panische Angst vor Humor in einer "ernsten" Serie. Erstaunlich viele dieser Fallen umgeht aber eine neue deutsche Serie: "Bad Banks", die noch bis zum 8. März in der Arte-Mediathek zu sehen ist.
Erinnert ihr euch an den Anfang von "Dark"? Als uns der Erzähler aus dem Off erstmal das Thema der Serie erklärte? Überlegt mal, wann in den letzten Jahren in einer US-Serie ein Autorenteam das Bedürfnis hatte, gleich zu Anfang dafür zu sorgen, dass ihr euch als Zuschauer bloß nicht zu viele Frage zur Handlung stellt. Kam irgendwie nicht vor, oder? Weil gerade das Rätseln, das Einlassen aufs Nicht-Verstehen, das Spekulieren und Vorhersehen der größte Spaß am Seriensuchten ist.
Die Serienmacher trauten uns bisher wenig zu
Nur trauen uns das deutsche Serienmacher nie zu. Weil ihnen seit Jahrzehnten eingetrichtert wird, dass der geneigte Zuschauer sofort abschaltet, wenn er etwas nicht kapiert. Dabei haben wir alle uns spätestens seit "Breaking Bad" daran gewöhnt, beim Fernsehen das Gehirn nicht ganz auszuschalten und langweilen uns eher, wenn uns nach dem alten "Tatort"-Prinzip alles häppchenweise vorgekaut wird.
Es hat bis jetzt gedauert, dass deutsche Serienmacher (und wir reden hier nicht von den Autoren, sondern von jenen, die den Autoren die Regeln vorgeben) das permanente Erklären endlich sein lassen. Bis "Bad Banks".
Dabei sind die Voraussetzungen für einen Erfolg dieser Koproduktion von Arte und ZDF denkbar schwierig. Es geht um das trocken anmutende Nischenthema der Frankfurter Finanzwelt, thematisch ein echter Gegenentwurf zu Netflix' "Dark". Die Musik ist stark, aber zurückhaltend. Die Bilder sind treffsicher, aber nicht fancy.
Die Schauspieler allerdings sind ebenfalls spitze – Jördis Triebel, Katharina Nielsen aus "Dark", sehen wir auch hier in einer Nebenrolle wieder. Hauptdarstellerin Paula Beer macht ihren Job sehr gut, Barry Atsma ist phänomenal, und Desirée Nosbusch – ja, Desirée Nosbusch! – überrascht als wirklich überzeugende, herbe Banker-Queen. Chapeau an das mutige Casting! Es ist eigentlich unfair, hier nicht sämtliche Darsteller zu nennen, denn wirklich alle leisten Großes.
Besonders angenehm: das Spiel und der Bruch mit Klischees. Ja, Koks, Motivations-Geblubber und "Allnighter" kommen vor, aber jedes Stereotyp wird sinnvoll unterfüttert und ergibt innerhalb der Geschichte Sinn. Noch angenehmer: die Internationalität der Serie, die die reale multinationale Finanzbranche widerspiegelt. Es wird – danke, danke, danke! – auf die üblichen "Ausländer-Klischees" verzichtet. Und man lernt einiges dazu – unter anderem, wie der luxemburgische Dialekt klingt.
Klischees kommen nur wohldosiert vor – danke!
Für "Bad Banks" haben die Produktionsfirmen Letterbox aus Hamburg und Iris aus Luxemburg ein neues Konzept gewagt. Zumindest neu für deutschsprachige Serienproduktionen: den sogenannten Writers' Room. Ein Head-Autor (Oliver Kienle) hat zusammen mit seinem Team (Jana Burbach und Jan Galli) das Sagen, größtenteils in Ruhe gelassen von Produzenten, Regisseuren und Redakteuren.
Und wenn eine Serie über so etwas Dröges wie die Finanzbranche selbst absolute Nichtkenner schon nach der ersten Episode so fesseln kann wie "Bad Banks" – dann darf man dieses Konzept wohl als vollen Erfolg bezeichnen. Gern mehr davon!