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Linda Fairstein im Shitstorm Der Staatsanwältin aus "When They See Us" wird gerade das echte Leben zur Hölle gemacht

When They See Us: Diese Netflix-Serie ist kaum zu ertragen


Einst wurde Linda Fairstein dafür gefeiert, die sogenannten Central Park Five ins Gefängnis gebracht zu haben. Doch die Netflix-Serie "When They See Us" rückt die New Yorker Staatsanwältin in zweifelhaftes Licht – und löst damit Fairsteins mediale Hinrichtung aus.

Die Miniserie "When They See Us" wurde vor nicht einmal zwei Wochen veröffentlicht, aber Linda Fairsteins Leben hat sie bereits ruiniert. So deutlich kann man das durchaus sagen: Die New Yorker Staatsanwältin, die 1989 die treibende Kraft hinter Verhaftung und Verurteilung der Central Park Five war, erfährt zurzeit eine öffentliche Hinrichtung.

Fairstein, inzwischen erfolgreiche Autorin von Kriminalromanen, wurde von ihrem Verlag gekündigt. Darüber hinaus sah sie sich zuletzt gezwungen, aufgrund massiver Kritik ihren Twitter-Account zu schließen und das Amt als Kuratorin ihrer Alma Mater niederzulegen.

Linda Fairstein
Früher gefeiert, heute in der Kritik: Die New Yorker Staatsanwältin und Krimiautorin Linda Fairstein
© Meghan Mccarthy/ / Picture Alliance

Linda Fairstein: "Frau des Jahres 1993"

Im Netz macht seit dem Start von "When They See Us" der Hashtag #CancelLindaFairstein die Runde, und es werden Petitionen, die zum Boykott ihrer Bücher aufrufen, gestartet. Das "Glamour"-Magazin, das Fairstein im Jahr 1993 zur "Frau des Jahres" gekürt hatte, rudert in einem aktuellen Brief des Verlegers zurück: "Diese Ehre würde 'Glamour' ihr heute eindeutig nicht mehr erweisen."

In der Netflix-Produktion von Regisseurin Ava DuVernay wird Fairstein als gnadenlose (Vor-)Verurteilerin präsentiert, die im Hinterzimmer enormen Druck auf zweifelnde Staatsanwälte ausübt und Zweifel an der Schuld der Teenager radikal ignoriert. Sie will diese vier schwarzen und einen Latino-Jungen unbedingt für die brutale Vergewaltigung einer Joggerin im Central Park bestrafen – offensichtlich unabhängig davon, ob sie tatsächlich schuldig sind oder nicht.

Fairstein, die seinerzeit in Manhattan einer Einheit zur Bekämpfung von Sexualverbrechen vorstand und deshalb später gar zur Inspiration für die Fernsehserie "Law & Order: Special Victims Unit" wurde, wehrt sich heftig gegen diese Darstellung.

In einem Artikel, den sie für das "Wall Street Journal" in eigener Sache geschrieben hat, beklagt sie die Diffamierung durch die Serie. Sie beschuldigt DuVernay, Fakten zu ignorieren und sie als Kopf hinter den gezwungenen Geständnissen zu porträtieren.

"Es wäre nicht schwierig gewesen für Frau DuVernay, die Wahrheit herauszufinden", schreibt Fairstein. "Aber stattdessen hat sie eine komplett falsche Erzählung geschrieben, die eine teuflische Drahtzieherin (mich) und die fälschlicherweise Beschuldigten (die Fünf) beinhaltet."

"When They See Us": Huffman als Fairstein

Fairstein, die in "When They See Us" von Felicity Huffman gespielt wird, war seinerzeit anwesend, als die Geständnisse der Verdächtigen durch Polizeibeamten erzwungen worden sein sollen. Sie hat auch nach der späten Auflösung des Falles stets bestritten, dass eine Beeinflussung der Verhöre stattgefunden habe. Darüber hinaus war sie als Anwältin nicht persönlich in den Fall involviert.

Wie dramatisch die Rolle von Fairstein in "When They See Us" überzeichnet ist oder nicht, lässt sich deshalb schwierig nachvollziehen. Fest steht, dass die heute 72-Jährige die Mob-Mentalität unserer Social-Media-Gesellschaft, die ihr gerade das Leben zur Hölle macht, öffentlich beklagt.

Es sei schrecklich, sagt Daniel R. Alonso, ein damaliger Kollege Fairsteins im Bezirksamt von Manhattan, wenn eine ganze Karriere wegen einer Angelegenheit zerstört werde. Schließlich habe die Staatsanwältin eine beeindruckende Bilanz in der Erfassung und Verurteilung von Sexualverbrechern vorzuweisen und sich zudem um Maßnahmen zum Wohle der Opfer verdient gemacht.

Das ist die andere Seite der Geschichte über das Leben der Linda Fairstein. Und bei aller Wucht der öffentlichen Meinung, die nie schneller gebildet wurde als heutzutage, kann es natürlich sein, dass es sich bei der anderen Seite der Geschichte um die Wahrheit handelt.

Aber die andere Seite der Geschichte interessiert manchmal einfach nicht so sehr, wie sie sollte. Die Central Park Five können davon ein trauriges Lied singen.

Quellen: "The New York Times"; "Wall Street Journal"

tim

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