Anzeige
Anzeige

Youtube-Trend "Declutter" Ich bin süchtig nach Aufräumen. So sehr, dass ich sogar Fremden dabei zugucke

Marie Kondo, Ausmisten, Declutter und Co.: Ich bin süchtig nach Aufräumen
Für unsere Autorin ist Aufräumen zu einer Sucht geworden (Symbolbild). 
© iStockphoto / Getty Images
Bei einem vollgerümpelten Keller juckt es unserer Autorin in den Fingern. Am liebsten würde sie das Chaos sofort aufräumen – und das mit Genuss. Sie liebt es, auszumisten, umzuräumen und zu putzen. So sehr, dass sie sogar Fremden auf Youtube dabei zuschaut.

Zum Jahresende möchten wir unsere Lieblingsstücke aus 2019 noch einmal mit euch teilen. Heute: der Youtube-Trend Declutter.

"Marie Kondo", "KonMari", "aufräumen", "ausmisten", "decluttering", "Purge with me", "Clean with me" "Tidying up Challenge" ... Die Liste an Schlagwörtern, die ich schon in die Suchleiste bei Youtube eingegeben habe, ist lang. Mittlerweile habe ich gefühlt alles abgegrast, was die Aufräum-Influencer zu bieten haben – sowohl auf deutsch, als auch auf englisch.

Ich liebe es, anderen Leuten dabei zu zuschauen, wie sie aufräumen, Sachen ausmisten und alles neu einsortieren. Ja, man kann es wohl eine waschechte Sucht nennen. Eigentlich sind die Youtube-Videos nur eine Ablenkung, eine Ersatzhandlung, denn meine eigene Wohnung ist bereits aufgeräumt. In jeder Schublade, in jedem Schrank, im ganzen Keller. Meistens jedenfalls.

Aufräum-Trend auf Youtube dank Marie Kondo und Co.

Also setze ich mich jeden Abend, wenn ich von der Arbeit komme, aufs Sofa, nehme mir meinen Laptop und durchforste die Youtube-Startseite nach neuem "Declutter" (englisch für "ausmisten"). Das ist meine Lieblingskategorie. Je unaufgeräumter, desto besser. "XXL Chaos", "Super Messy Room" oder "Whole House Decluttering" lassen mein Herz höher schlagen. Sieht man im Vorschaubild schon einen überquellenden Kellerraum, bin ich hin und weg.

So verrückt meine "Sucht" auch klingen mag, ich scheine nicht alleine damit zu sein – schließlich ist "Decluttering" auf Youtube ein echter Trend. Sucht man danach auf der Plattform, bekommt man hunderte Videos ausgespuckt: vom Kleiderschrank bis zum ganzen Haus kann man Menschen dabei zuschauen, wie sie aufräumen, ausmisten und putzen. Manche geben Tipps, andere zeigen einfach nur einen Zeitraffer. Ein Video mit dem Titel "EXTREME KONMARI METHOD DECLUTTERING | Before & After" kommt auf über 3,5 Millionen Views. Drei meiner Lieblingsschlagwörter in einer Zeile: Jackpot!

Wie meine "Sucht" begann

Nicht erst seit Marie Kondo, sondern schon als Kind habe ich gerne aufgeräumt. Ich muss so zehn oder elf Jahre alt gewesen sein, als ich mir vorgenommen habe, mein komplettes Zimmer bis in die letzte Ecke zu sortieren. Zwei Wochen lang sah der Fußboden aus wie nach einer Explosion. Ich holte alles, wirklich alles aus allen Möbelstücken und schmiss es in die Mitte des Raumes. Anschließend ging ich in mühevoller Kleinarbeit jedes Fitzelchen durch und suchte einen geeigneten Platz. Gegenstände mit den gleichen Funktionen räumte ich zusammen, Kleinkram füllte ich in Extra-Behälter und was ich nicht mehr brauchte, schmiss ich weg. Ich war eine zehnjährige Marie Kondo. Nach dem zweiwöchigen Marathon war mein Zimmer so aufgeräumt, dass ich immer wusste, wo alles ist – und diese Ordnung ist bis heute geblieben. 

Aber woher kommt diese Sucht nach Ordnung? Ein Therapeut meinte mal zu mir, dass Aufräumen besonders entspannend ist für Leute, die einen relativ unaufgeräumten Kopf haben. Da trifft er bei mir genau ins Schwarze. Je größer das Durcheinander in meinen Gedanken, desto größer der Drang, irgendwas aufzuräumen. An stressigen Tagen sind die Wasserkästen in unserem Büro immer besonders gut sortiert. 

"Wenn wir uns das Ziel setzen, zum Beispiel die Wohnung zu putzen, und dieses Ziel erreichen, werden Glückshormone ausgeschüttet", sagte die Psychologin Sandra Jankowski mal in einem Interview über den Hype um Marie Kondo der DPA. "Das sind Belohnungs- und Motivationssysteme, die es auch in anderem Zusammenhang gibt, beim Leistungssport etwa." Manche Menschen würden während des Aufräumens in einen "Flow" geraten: "Dieses Flow-Erlebnis sorgt dann dafür, dass das Putzen sogar eine entspannende, meditative Wirkung hat", sagt Jankowski.

Ich bin wie Marie Kondo: "I love mess!"

Das Paradoxe ist dabei aber: Bei mir zu Hause ist es nicht immer aufgeräumt. Das Ding ist nämlich: Je unaufgeräumter, desto mehr Spaß macht mir das Aufräumen. Unterbewusst lasse ich deswegen heute noch manchmal die Wohnung ein bisschen verkommen – damit der Effekt am Ende größer ist. Trotzdem reichen meine eigenen vier Wände nicht für meine Aufräum-Wut. Deswegen werde ich mittlerweile sogar von Freunden geordert und helfe ihnen mit Freude bei der Chaos-Beseitigung. (Da bin ich übrigens nicht die einzige – Marie Kondo prägte in ihrer Netflix-Serie den legendären Satz: "I love mess!")

Mein neuer Schwarm heißt übrigens: Self-Storage. Wenn Leute ihre angemieteten Lagerräume auflösen, um sich durch den ganzen Scheiß, der vorher nicht in ihre Wohnungen gepasst hat, zu kämpfen und alles auszusortieren, befriedigt mich das ungemein. Aufgeregt sitze ich vor dem Bildschirm und ärgere mich, wenn die Leute Dinge behalten, die ich weggetan hätte. "LASS LOOOOOS!"

Ich habe schon des öfteren darüber nachgedacht, wie Marie Kondo ein Geschäftsmodell aus meiner Leidenschaft zu machen. Allerdings möchte ich Menschen nicht beibringen, wie man aufräumt, sondern in Ruhe alles selbst aufräumen und das Endresultat übergeben. Ganz ohne: "Does it spark joy?" Es macht einfach Spaß, Dinge loszulassen und Platz zu schaffen – auch wenn das Zeug nicht dir gehört. Oder du nur dabei zuguckst.

Du brauchst Motivation beim Ausmisten? Dann folge doch dem Aufräum-Instagram-Kanal von Autorin Denise. 

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel