Pure Flix Das "christliche Netflix" - Wo mit bibeltreuen Soaps und Jesus-Serien ordentlich Kasse gemacht wird

Auf Pure Flix gibt es christliche Familienunterhaltung pur - ohne die sündhaften anderen Formate
Auf Pure Flix gibt es christliche Familienunterhaltung pur - ohne die sündhaften anderen Formate
© Screenshot pureflix.com
In den religiösen USA gibt es einen wachsenden Markt für christliche Familienunterhaltung. Pure Flix hat diese Nische bereits früh erkannt und bedient sie seit zwei Jahren auch mit einem On-Demand-Service. Das Konzept scheint aufzugehen. 

"Ich bin hierhergekommen, um dir zu helfen, dein in Scherben liegendes Leben wieder zusammenzusetzen", raunt der bärtige Mann mit bedeutungsschwangerem Blick. "Wer bist du?", hallt es aus dem Off. "Wer, würdest du sagen, bin ich?", raunt es zu monumentaler Musik zurück. Das ist ein Ausschnitt aus der Serie "The Encounter", und der Mann mit den ausdrucksstarken Augen ist der Schauspieler Bruce Marchiano, der für die Serie - wie bereits öfter in seinem Leben - in die Rolle des Jesus Christus schlüpft. Allerdings nicht mit Bart und langen Haaren - eher ein moderner Jesus mit blauem Overall und Kurzhaarfrisur. Bei "The Encounter" redet er Räubern während des Überfalls selbigen aus und betet eine junge Frau auf dem OP-Tisch zurück ins Leben - was Jesus eben so tun würde, wenn er heute durch die USA wandern würde.

Hinter der Serie steht Pure Flix Entertainment, eine 2005 gegründete US-Produktionsfirma mit Sitz in Arizona, die sich "christliche Familienunterhaltung" auf die Fahnen geschrieben hat und seit zwei Jahren auch einen entsprechenden On-Demand-Service betreibt. Für 11 US-Dollar im Monat können sich Abonnenten dort religiöse Unterhaltungsfilme mit Titeln wie "God's Compass - Find Your True North", "What If God Gave You A Second Chance?" oder "God's Not Dead" anschauen. Auch Predigten und Dokumentationen für christliche Eltern, die ihre Kinder Zuhause unterrichten, werden dort angeboten. Und seit Kurzem: "Hilton Head Island", eine Seifenopfer für Bibeltreue, oder wie es Pure Flix verkauft: "Verfolgen Sie das ganze Drama - aber ohne Schimpfwörter, Sex und Gewalt".

Pure-Flix-Mitgründer hat keine Angst vor Konkurrenz

"150 Millionen Menschen gehen jeden Monat in die Kirche", sagt David A.R. White, einer der Mitgründer und Geschäftsführer von Pure Flix gegenüber "Vice News". "Also gibt es offensichtlich ein Bedürfnis nach positivem, inspirierendem und spirituellem Entertainment da draußen." 1,6 Millionen Menschen besuchen "Vice" zufolge pro Monat Pure Flix, und damit mehr als etwa bei Showtime, einem bekannten Pay-TV-Anbieter in den USA.

Pure Flix-Mitgründer David A.R. White mit seiner Frau Andrea Logan White
Pure Flix-Mitgründer David A.R. White mit seiner Frau Andrea Logan White
© Billy Bennight/Picture-Alliance

Der Markt ist also vorhanden, auch Netflix bietet christliche Familienfilme und Serien an. Doch White hat keine Angst vor Konkurrenz. Das gute an seiner Zielgruppe sei, dass sie sich bei den herkömmlichen Anbietern nicht wohl fühlen würden. Sie suchten einen "sicheren Raum", in dem sie ihre Unterhaltungsprogramme schauen können, ohne dass daneben Sündhaftes angeboten wird. So bewerben sie auch ihre Plattform:

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White selbst ist als Sohn eines mennonitischen Pastors aufgewachsen, einer christlichen Glaubensgemeinschaft, die "die Mormonen wie eine Gruppe Rocker der Hells Angels aussehen lässt", wie er sagt. "Ich kannte die Kirche, ich kannte das Marketing, und so ist Pure Flix entstanden, um diese Zuschauerschaft zu bedienen."

Das Kalkül von Pure Flix geht auf

In den noch immer in weiten Teilen sehr religiösen USA scheint das Kalkül aufzugehen. Bereits im März berichtete die "New York Times" von rund 250.000 zahlenden Abonnenten. Hatte Pure Flix zu Beginn einfach viel alte Serien und Filme mit religiösem Touch im Programm, können mittlerweile die Millionen aus den Abonnements, ähnlich wie bei Netflix, immer mehr in Eigenproduktionen gepumpt werden.

Sieben eigene Serienformate wie "The Encounter" oder die Seifenopfer "Hilton Head Island" werden derzeit produziert. Letztere wird praktischerweise von vornherein zu 100 Prozent vor dem Greenscreen gedreht, sämtliche Orte - egal ob drinnen oder draußen - werden hinterher am Computer hineinmontiert. Das führt zwar dazu, dass es immer wieder aussieht, als würden die Darsteller fliegen, aber Produktionskosten spart man so ordentlich.

"God's Not Dead" sechstprofitabelster Film aller Zeiten

Den größten kommerziellen Erfolg feierte Pure Flix 2014 mit dem Film "God's Not Dead". Das Drama dreht sich um einen streng gläubigen Studenten, der mit einem gotthassenden Philosophie-Professor aneinander gerät, der seine Studenten zwingen will, die Aussage "Gott ist tot" in ihre Blöcke zu schreiben. Am Ende überzeugt der Student jedoch den gesamten Kurs, dass Gott eben doch lebt und zweifelt in seiner Argumentation die Evolutionstheorie an.

Von Kritikern wurde "God's Not Dead" weitgehend einhellig zerrissen, an den Kinokassen war der Film laut the-numbers-com jedoch ein Riesenerfolg. Bei einem Budget von etwas mehr als einer Million US-Dollar spielte er über 60 Millionen ein, die Hälfte davon nochmal per DVD und BluRay. Der Film ist der sechstprofitabelste Low-Budget-Film aller Zeiten. Ein Jahr später startete Pure Flix Entertainment seinen On-Demand-Service.

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