Das Energienetz war ohne Vorwarnung am Dienstagnachmittag (Ortszeit) zusammengebrochen. Der Stromausfall reichte von der Region Arica im Norden des Landes bis zur Region Los Lagos im Süden, wie der nationale Katastrophenschutzdienst (Senapred) mitteilte. In diesem Gebiet leben mehr als 90 Prozent der 20 Millionen Einwohner Chiles.
In Santiago de Chile mussten tausende Menschen aus der U-Bahn evakuiert werden, die täglich 2,3 Millionen Passagiere transportiert. Durch ausfallende Ampeln kam es zu langen Staus. Unzählige Menschen mussten unter der heißen Sonne - in Südamerika ist derzeit Sommer - stundenlang nach Hause laufen.
Warum es zu dem Stromausfall kam, blieb zunächst unklar. Chile verfügt eigentlich über eines der besten Stromnetze Südamerikas. Einen Anschlag oder Sabotage schloss die Regierung aus, Innenministerin Carolina Tohá vermutete eine technische Panne.
Der linksgerichtete Präsident Boric machte private Stromnetzbetreiber verantwortlich. "Das ist empörend! Das tägliche Leben von Millionen Chilenen darf nicht auf diese Weise von Unternehmen torpediert werden, die ihre Arbeit nicht richtig machen", erklärte der Staatschef.
Boric rief den "Katastrophen-Ausnahmezustand" aus und verfügte für die betroffenen Gebiete eine nächtliche Ausgangssperre. In den Straßen waren Soldaten in gepanzerten Fahrzeugen im Einsatz, um die Ausgangssperre zu überwachen.
Am Mittwochmorgen vermeldete dann der Netzbetreiber, dass "90 Prozent der Energieversorgung" wiederhergestellt seien. Ein AFP-Korrespondent berichtete aus Santiago de Chile, dass die U-Bahn wieder normal fuhr, auch Busse und Autos waren wie gewöhnlich unterwegs.