Das weitere Ausbleiben eines Angebots der öffentlichen Arbeitgeber mache "es sehr schwer, zu einem Ergebnis zu kommen", sagte der Bundeschef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, am Freitag in Potsdam. Gleichzeitig hätten die Arbeitgeber erklärt, eine Nullrunde bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von drei Jahren anzustreben. "Ein großes Maß von Ignoranz der Realitäten" vor allem durch kommunale Arbeitgeber habe zu "Empörung und Unverständnis" auf Arbeitnehmerseite geführt, sagte er.
Nach Verdi-Angaben beteiligten sich allein in dieser Woche bundesweit rund 150.000 Gewerkschaftsmitglieder an Warnstreiks. In einer Zeit, in der die Exportstärke ins Wanken gerate, benötige die deutsche Wirtschaft einen stabilen nachfragestarken Binnenmarkt durch Kaufkraft der Beschäftigten. Werneke sagte, "da passen unsere Forderungen absolut in die Zeit". Hunderttausende Stellen seien unbesetzt, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst schöben 70 Millionen Überstunden vor sich her. Deshalb sei Entlastung durch zusätzliche freie Tage wichtig.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich zuversichtlich, zu einer Tarifeinigung zu finden. Zu Verhandlungen gehöre "irgendwann auch, dass man mit einem Angebot auf die Arbeitnehmerseite zugeht". Allerdings gebe gerade "sehr knappe Zeiten nicht nur für den Bund", sagte sie am Freitag vor Verhandlungsbeginn. Für zahlreiche Kommunen sei die Lage prekär. Kompromisse seien wegen der wirtschaftlich schweren Lage schwierig.
Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) forderte als Präsidentin der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) Lohnzurückhaltung. "Wir müssen sehr darauf achten, dass wir nicht Preistreiber für Personalkosten werden", sagte sie. Deshalb gehe es in den Gesprächen vor allem um Inflationsausgleich. Eine Erhöhung um acht Prozent würde verhindern, dass Kommunen weiteres Personal für wachsende Aufgaben einstellen könnten. Zusätzliche freie Tage seien wegen zahlreicher unbesetzter Stellen nicht möglich.
Beamtenbund-Verhandlungschef Volker Geyer verwies darauf, im öffentlichen Dienst gebe es aktuell 570.000 unbesetzte Stellen. In den nächsten zehn Jahren würden 1,4 Millionen Beschäftigte den öffentlichen Dienst verlassen. Die Arbeitsbedingungen müssten dringend verbessert werden, um den öffentlichen Dienst am Arbeitsmarkt attraktiver zu machen. Es sei nicht Aufgabe der Beschäftigten, sondern der Politik, die bestehenden Finanzprobleme der Kommunen zu lösen, sagte er.
Sollten sich die Tarifparteien am Wochenende zunächst nicht auf einen Tarifabschluss einigen, könnten zunächst eine bisher nicht vereinbarte vierte Verhandlungsrunde oder eine Schlichtung folgen. Die Arbeitnehmerseite berief erneut den ehemaligen Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr zum Schlichter. Stimmberechtigt und damit diesmal als Schlichter entscheidend ist jedoch der von den Arbeitgebern gewählte ehemalige Hessische Ministerpräsident Roland Koch.