Ermittlungen wegen "schwerer Gewalt" an katholischer Schule in Frankreich

Marianne-Büste
Marianne-Büste
© AFP
Nach einem Missbrauchsskandal an einer katholischen Schule in Frankreich hat die französische Justiz Ermittlungen wegen "schwerer Gewalt" gegen Lehrer und Betreuer einer weiteren katholischen Schule im Süden des Landes aufgenommen. Die Fälle reichten in die 70er Jahre zurück, teilte die Staatsanwaltschaft in Pau am Dienstag mit. Die betroffene Schule, Saint-Joseph de Nay, liegt ganz in der Nähe der Bétharram-Schule, die wegen eines massiven Missbrauchsskandals und der möglichen Mitwisserschaft von Premierminister François Bayrou in die Schlagzeilen geraten war.

Nach Informationen eines Opferverbands der betroffenen Schule haben bislang vier ehemalige Schüler Anzeige wegen "Folter, erniedrigender Behandlung, körperlicher und seelischer Gewalt" gegen Lehrkräfte und Betreuer eingereicht. Einer der mutmaßlichen Täter stehe noch im Dienst. Eine ehemalige Lehrerin hatte zudem vor einer Untersuchungskommission ausgesagt, dass ein Priester einen Schüler mit einer heftigen Ohrfeige zu Boden geschlagen hatte. 

Der Opferverband, der sich erst im März nach den Enthüllungen der Vorwürfe an der Bétharram-Schule gegründet hatte, hat bislang 20 Aussagen aufgenommen, die 15 mutmaßliche Opfer betreffen. Die Vorwürfe umfassen Prügelstrafen, sexuelle Übergriffe und Verdacht auf Vergewaltigung. Schüler seien auch bestraft worden, indem sich sich im Schlafanzug im Schulhof aufhalten mussten. 

Zu den mutmaßlichen Tätern zählt ein Priester, den die Tochter des Premierministers im April der Gewalt beschuldigt hatte. Er habe sie als Jugendliche in einem Sommerlager an den Haaren über den Boden geschleift, hatte Hélène Perlant, die Tochter von Bayrou ausgesagt. Sie hatte eingeräumt, ihren Eltern damals nicht davon erzählt zu haben. 

Die weiterführende Schule Saint-Joseph de Nay am Fuß der Pyrenäen hatte 2021/22 mehr als 700 Schülerinnen und Schüler. Die Ordensgemeinschaft, die die Bétharram-Schule in der Nähe leitet, hatte im März ihre Verantwortung für die von etwa 200 ehemaligen Schülerinnen und Schülern bekannt gemachten Missbrauchsfälle eingeräumt. 

Eine parlamentarische Untersuchungskommission hatte Premierminister Bayrou vorgeworfen, von den Gewaltakten an der Schule - in seiner Eigenschaft als Vater mehrerer Schüler, Regionalpolitiker und zeitweise Bildungsminister - gewusst zu haben. Er habe jedoch nichts dagegen unternommen. Bayrou weist die Vorwürfe zurück.

AFP