Nach Amoklauf in Afghanistan Delegation beschossen

Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten in Afghanistan ist eine Untersuchungskommission der Regierung zu dem Vorfall beschossen worden.

Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten in Afghanistan ist eine Untersuchungskommission der Regierung zu dem Vorfall beschossen worden. Ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums sagte, einer oder mehrere Unbekannte hätten auf die Delegation geschossen, die das Blutbad in der Provinz Kandahar untersuchen soll. Dabei seien ein Soldat getötet und ein Polizist verletzt worden. Die USA wollen trotz des Amoklaufs an ihrer Afghanistan-Strategie festhalten.

Die Schüsse auf die Untersuchungsdelegation seien aus einiger Entfernung abgegeben worden, sagte ein örtlicher afghanischer Journalist. "Es war ein wahrer Kugelhagel". Nach seinen Angaben befanden sich unter den Regierungsvertretern auch zwei Brüder des afghanischen Präsidenten Karsai.

Ein Zeuge, der sich nach eigenen Angaben während des Beschusses in der Nähe des örtlichen Polizeichefs aufhielt, sagte, US-Soldaten hätten die insgesamt zwölf Angreifer aus einem Hubschrauber heraus lokalisiert, aber auf Anweisung hin nicht eingegriffen. Die Entscheidung habe der Polizeichef getroffen, kurz bevor der Angriff begonnen habe.

Der US-Soldat hatte am Sonntag in der südafghanischen Provinz Kandahar 16 Dorfbewohner, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, in ihren Häusern getötet. Nach Angaben des Pentagon war der Unteroffizier erstmals in Afghanistan, davor war er drei Mal im Irak im Einsatz. Dort habe er sich bei einem Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen, sagte ein Pentagon-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Verletzungen dieser Art sind bei US-Soldaten im Irak oder Afghanistan keine Seltenheit. Neurologen sehen inzwischen einen Zusammenhang zum späteren Auftreten eines post-traumatischen Stress-Syndroms.

"Wir können nicht zulassen, dass diese Ereignisse unsere Strategie oder Mission untergraben", sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta auf einem Flug nach Kirgistan. Laut Panetta und dem Pentagon handelte es sich um die Tat eines Einzeltäters. Dieser werde sich vor einem Militär-Tribunal verantworten und müsse im Fall eines Schuldspruchs mit der Todesstrafe rechnen. Panetta warnte, dass es im Krieg immer wieder derartige Vorfälle gebe: "Krieg ist die Hölle", sagte er. Umso wichtiger sei es, "dass wir diesen Krieg zu einem verantwortlichen Ende bringen".

Ähnlich äußerte sich auch US-Präsident Barack Obama. Der Abzug der US-Truppen müsse auf "verantwortungsvolle Art und Weise" erfolgen, um zu verhindern, "dass wir am Ende wieder zurückkehren müssen", sagte der US-Präsident dem lokalen CBS-Ableger KDKA. Auf keinen Fall dürfe es ein blindes "Rennen zu den Ausgängen" geben.

Der Amoklauf hat die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Afghanen und den USA weiter verschlechtert. Präsident Hamid Karsai bezeichnete die Tat als "unverzeihlich", das Parlament in Kabul forderte die US-Regierung auf, den "Schuldigen in einem öffentlichen Verfahren vor dem afghanischen Volk" den Prozess zu machen.

Rund 400 Studenten riefen in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad US-feindliche Parolen wie "Tod für Amerika - Tod für (Präsident Barack) Obama", wie Augenzeugen berichteten. Die Menge zeigte Bilder des US-Staatschefs mit Schmähsprüchen. Der "Heilige Krieg" sei der "einzige Weg", die US-Streitkräfte aus Afghanistan zu vertreiben, riefen die Demonstranten den Zeugen zufolge. Die Demonstranten forderten zugleich, den US-Todesschützen in Afghanistan öffentlich vor Gericht zu stellen.

AFP
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