Aufnahme von Afghanen SPD kritisiert Dobrindts Wegbleibe-Prämie als "unmoralisch"

Afghanische Flüchtlinge auf dem Flughafen Hannover
Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm landen auf dem Flughafen Hannover
© IMAGO/Matthias Gränzdörfer / Imago Images
Innenminister Alexander Dobrindt will Afghanen mit Geldzahlungen von der Einreise nach Deutschland abhalten. Dabei haben viele von ihnen eine Aufnahmezusage. Der SPD reicht's.

Die geplanten Abfindungszahlungen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) an Afghanen erhalten Gegenwind aus der SPD. Die Bundesregierung bietet in Pakistan wartenden Afghanen Geld, wenn sie nicht nach Deutschland kommen und auf ihren zugesicherten Platz in deutschen Aufnahmeprogrammen verzichten.

"Dieses Angebot ist unmoralisch und stößt nicht nur bei mir auf Unverständnis", sagte der SPD-Innenexperte Hakan Demir dem stern. "Die Menschen sind vor den Taliban geflohen. Warum sollten sie jetzt für Geld zurück zu ihnen?"

Alexander Dobrindt will nur einige der Afghanen aufnehmen

Demir ist der für das Thema zuständige Berichterstatter in der SPD-Bundestagsfraktion. Er ergänzt: "Ihr Leben ist gefährdet, weil sie sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben." Die Regierung müsse Afghanen mit gültigen Aufnahmezusagen zügig nach Deutschland holen. "Das ist das Versprechen, das auch die neue Regierung abgegeben hat", sagt der SPD-Mann.

Auch die für Inneres und Justiz zuständige Vizefraktionschefin der SPD meldet Bedenken am Vorgehen von Dobrindt an: "Wir betrachten ein solches Angebot angesichts der rechtlich verbindlich getätigten Aufnahmezusagen und des Grundes dieser Zusagen zurückhaltend", sagte Eichwede dem stern. "Die Gefährdung dieser Menschen in Afghanistan wurde auch vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geprüft und beschieden."

Zuvor hatte es nach Berichten mehrerer Medien Geld- und Sachleistungsangebote der Bundesregierung an einige der in Pakistan und Afghanistan festsitzenden Menschen gegeben, wenn sie dafür auf ihren Platz in einem Bundesaufnahmeprogramm verzichten. Dabei handelt es sich um Personen, die teils seit Jahren eine Aufnahmezusage für Deutschland haben, die aber bisher über keine Visa verfügen.

Das Bundesinnenministerium begründet das damit, dass auch jene Personen "eine Perspektive" bekommen sollen, mit deren Aufnahme in Deutschland nicht zu rechnen sei. Das ist allerdings juristisch umstritten. Zuletzt klagten immer wieder Afghanen erfolgreich auf eine Einreise. Allerdings unterscheiden sich ihre Erfolgschancen danach, in welchem der früheren Aufnahmeprogramme sie sind.

Wer etwa eine Zusage des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan (BAP) hat, klagt meist mit Erfolg. Anders sieht es mit den drei anderen Programmen aus: dem Ortskräfte-Programm, der Übergangsliste vor dem derzeitigen Aufnahmeprogramm und der noch früheren Menschenrechtsliste. Hier urteilten kürzlich Richter, dass die Aufnahmezusagen nicht verbindlich gewesen seien.

Anfang Oktober befanden sich noch rund 1900 Personen aus den Aufnahmeprogrammen in der Obhut der Bundesregierung in Pakistan. Davon waren 385 Hauptpersonen und 1.516 Familienangehörige. Bis Jahresende will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Programme beenden.

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