In der Affäre um die Verzögerungen beim Berliner Großflughafen hat der Brandenburger Landtag Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit breiter Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. 55 der 88 Abgeordneten stimmten bei der Abstimmung über eine Vertrauensfrage Platzecks für den Regierungschef, 32 votierten bei einer Sondersitzung in Potsdam gegen ihn. Die rot-rote Koalition in Brandenburg verfügt über 55 Sitze.
Platzeck räumte in einer Regierungerklärung ein, der Großflughafen BER sei in "sehr schwerwiegender Weise in Not geraten". Der Ministerpräsident betonte, er verknüpfe sein politisches Schicksal mit dessen Gelingen. Der Forderung, ein unabhängiger Wirtschaftsexperte solle an der Spitze des Flughafen-Aufsichtsrats stehen, erteilte er eine klare Absage. Der Flughafen sei ein Projekt der öffentlichen Hand und bedürfe einer politisch legitimierten Aufsicht.
Am Mittwoch will der bisherige Stellvertreter Platzeck den Vorsitz im Aufsichtsrat von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) übernehmen, der nach den wiederholten Verschiebungen der Flughafeneröffnung ins Zentrum der Kritik gerückt war. In der vergangenen Woche war die zuletzt für den 27. Oktober 2013 vorgesehene Inbetriebnahme des Airports erneut abgesagt worden.
CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski sprach mit Blick auf die Vertrauenssfrage von einer "Showveranstaltung mit absehbarem Ausgang". Platzeck habe als bislang stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender "versagt und großen Schaden für Brandenburg verursacht", sagte Dombrowski in der Landtagsdebatte.
Platzeck benannte in seiner Regierungserklärung weder einen Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des Airports noch die zusätzlichen Kosten für den notwendigen Umbau des Flughafens. Nach einer Abberufung des bisherigen Flughafen-Geschäftsführers Rainer Schwarz voraussichtlich am Mittwoch wolle er die Geschäftsführung grundlegend umbauen, um eine klare Verantwortung der neuen Geschäftsführer zu schaffen, sagte der Ministerpräsident. Zudem wird in der Potsdamer Staatskanzlei ein Krisenstab eingerichtet, auch soll es wöchentliche Sitzungen mit den Experten der Flughafen-Gesellschaft geben.
In der ARD-Sendung "Günther Jauch" bestätigte Platzeck am Sonntagabend, dass es gravierende Mängel an dem Flughafenbau gebe. "Es ist dramatisch. Es ist ein Desaster." Er rechne daher mit Umbauten. "Wir müssen wahrscheinlich nicht abreißen, aber umbauen. Das wird an manchen Stellen nötig sein", sagte Platzeck.
Wowereit betonte im rbb-Inforadio, er sehe nun vor allem die Bauexperten in der Pflicht. "Die Bauleute müssen jetzt die Probleme lösen, anders wird es nicht gelingen", sagte Wowereit. Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft habe Experten und Techniker "für viel Geld" eingestellt, und diese müssten jetzt zu Lösungen kommen.
Kritik an dem Aufsichtsrat wies der Regierende Bürgermeister zurück. Der Aufsichtsrat habe seine Kontrollpflichten erfüllt, was auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kürzlich bestätigt habe. "Vom Aufsichtsrat wird aber praktisch erwartet, dass er vor Ort zum Schrauben geht", sagte Wowereit, der am Samstag einen Misstrauensantrag im Berliner Abgeordnetenhaus überstanden hatte. Die Techniker würden "gar nicht" infrage gestellt.