Eine Frau döst im Strandkorb. Ob ihr wohl gefällt, was der Mann vor der Treppe auf seiner Gitarre spielt? Dem Jungen hinter der Treppe scheint alles ziemlich egal zu sein, jedenfalls pinkelt er hier einfach hin. Im Wasser sitzen zwei Jungs jeweils auf den Schultern von anderen und versuchen, sich ins Wasser zu schmeißen. Auf dem Floß trocknet ein Mann in der Sonne. Es sind Szenen von einem Tag am Strand von Ali Mitgutsch.
Auch wer die Wimmelbuch-Doppelseite zum zwanzigsten Mal aufschlägt, dürfte neue Details entdecken und sofort den Geruch von Sonnencreme in der Nase haben. Viele Eltern, Großeltern und Kinder haben diese Seiten und andere aus den großartigen Wimmelbüchern von Ali Mitgutsch über die Jahre betrachtet. Wieder und wieder. In Wartezimmern von Kinderarztpraxen hat die Beschäftigung mit Wimmelbüchern schon manche Angst vor der Untersuchung vergessen lassen.
Wer sich erstmal auf Wimmelbuch-Seiten einlässt, der ist ganz da. Auf dem Bauernhof, in der Stadt, am Strand. Der verliert sich nicht in 100 Themen gleichzeitig, wie wir das inzwischen gewohnt sind. Vor unseren Bildschirmen sind wir zwar permanent umgeben von Bildern, nehmen uns aber nur selten die Zeit, ein einzelnes genauer zu betrachten. Vieles, was tagtäglich an uns vorbeirauscht, wäre es auch gar nicht wert, noch genauer hinzuschauen. Wir swipen und scrollen. Gefällt mir. Nächstes Bild. Dazwischen ein Video.
Ali Mitgutsch hat seine Bücher für sehr kleine Kinder gezeichnet
Im Wimmelbuch darf das Auge an einem Ort verweilen. Am Strand zum Beispiel. Zu entdecken gibt es hier einiges. Was die Hippies wohl singen? Ob das Pärchen im Strandkorb wohl auch nächsten Sommer noch so innig hier sitzen wird? Wimmelbücher laden dazu ein, genau hinzuschauen und sich mit ganz unterschiedlichen Menschen und Verhaltensweisen auseinanderzusetzen. Sie transportieren ein Gefühl von Gemeinschaft – auch wenn's nicht immer friedlich zugeht. Das gehört nun mal auch zum (Wimmel-)Leben dazu.
Ein Bildband feiert das einflussreichste Plattenlabel der Welt

Ali Mitgutsch sagte vor vier Jahren im stern: "Meine Bilderbücher richten sich an sehr kleine Kinder, die vielleicht gerade anfangen zu sprechen, die gerade damit beginnen, die Welt auch akustisch zu sortieren." Aber auch sehr große Erwachsene sollten ruhig mal wieder einen Blick in ein Wimmelbuch werfen. Allein schon wegen der liebevollen Illustrationen. Sie entdecken bestimmt auch etwas Neues darin. Im Anschluss wird sich das geschulte Auge freuen, die Menschen im eigenen Umfeld aufmerksamer wahrzunehmen. Es gibt da einiges zu entdecken und zu verstehen.