Es sollte wohl eine große Geste sein, eine emotionale Höchstleistung in Sachen Vergebung: Nach den Anschlägen von Kopenhagen, wo ein 22-Jähriger zuerst auf einer Veranstaltung zum Thema Meinungsfreiheit um sich schoss und den Dokumentarfilmer Finn Nørgaard ermordete, um kurz darauf den Wachmann Dan Uzan vor einer Synagoge zu töten, haben Menschen nicht nur Blumen für die Opfer niederglegt. Auch an der Stelle in der Svanevej Straße im Stadtteil Nørrebro, wo der Attentäter schließlich gestellt und erschossen wurde, als er die Polizei angriff, wurden Kerzen, Karten und Dutzende Sträuße niedergelegt.
Immer wieder seien Menschen mit Blumen in den Händen gekommen, heißt es. Neben Schaulustigen waren auch viele junge Menschen muslimischen Glaubens da. "Was er getan hat, war falsch", zitiert die österreichische Zeitung "Die Presse" einen gewissen Mohammed. Eine ältere Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte, wird mit den Worten zitiert: "Der Bursche wusste nicht, was er tat." Ein Mann, der ebenfalls Blumen brachte, sagte, er wolle damit "Vergebung" demonstrieren. Ein Jugendlicher sagte zu einem Fotografen, dass "Fanatiker seine Religion gekidnappt" hätten.
Doch es gab auch andere Stimmen. Die kamen vor allem von zum Teil vermummten jungen Männern, die in der Svanevej Straße herumlungerten, für Fotografen posierten und sich auch nicht scheuten, den Attentäter einen Helden und ihren "Bruder" zu nennen. Hass kam auch von der Gegenseite. An der Mauer über den Blumen klebte ein Zettel, auf dem stand: "Du sollst für immer in der Hölle brennen, du widerlicher, feiger Terrorist. Gott schütze Dänemark."
Nicht nur der Zettel war bald verschwunden, sondern auch die Blumen. Etwa ein Dutzend der vermummten, jungen Männer wollte offensichtlich Deutungshoheit demonstrieren und entfernte die Sträuße. Auf Nachfrage sagten sie den Fotografen, dass "es nicht der muslimischen Tradition entspreche, Blumen für die Toten dazulassen".