Schwerhörige und andere behinderte Menschen müssen sich nicht mit von der Krankenkasse angebotenen Festbetragslösungen von der Stange abfinden. Vielmehr haben sie Anspruch auf einen auf sie zugeschnittenen, möglichst weitgehenden "unmittelbaren Behinderungsausgleich", urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Allein in dem nun entschiedenen Fall, in dem es um moderne Hörgeräte ging, könnten auf die Krankenkassen Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe zukommen. (Az: B 3 KR 20/08 R)
Bundesweit gibt es etwa 125.000 Menschen mit nahezu vollständigem Hörverlust, darunter auch der Kläger aus Baden-Württemberg. Mit einem modernen digitalen Hörgerät zu einem Preis von gut 4000 Euro bekam er aber wenigstens einen Teil seines Hörvermögens zurück. Die Krankenkasse verwies den Mann aber auf den von den Kassen für Hörgeräte vorgesehenen so genannten Festbetrag von 987 Euro; den Rest müsse der Schwerhörige aus eigener Tasche bezahlen.
Nach dem Kasseler Grundsatzurteil sind solche Festbeträge zwar zulässig, sie müssen dann aber so bemessen sein, dass sie für einen wirklichen Behinderungsausgleich ausreichen. Das sei im konkreten Fall offenkundig nicht gegeben. Die Schwerhörigen hätten Anspruch auf die Hörgeräte, "die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben". Zudem seien auch die praktischen Gebrauchsvorteile zu berücksichtigen, die moderne digitale Hörgeräte gegenüber den bisherigen analogen Hörgeräten haben.
Bei der mündlichen Urteilsverkündung sprach der Vorsitzende Richter Ulrich Hambüchen von einer "weitreichenden Entscheidung". Sie sei vermutlich auch auf "viele andere Behindertengruppen" anwendbar.
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