China U-Boot-Unglück gibt Rätsel auf

Der Untergang eines chinesischen U-Boots, der 70 Menschen das Leben gekostet hat, steckt voller Rätsel. Überraschend ist, dass die chinesichen Medien über den Vorfall berichten dürfen.

Die Ursache für den Unfall eines chinesischen U-Bootes vom Typ 361, bei dem vor der Nordost-Küste des Landes alle 70 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen, ist weiterhin nicht klar.

Überrascht zeigten sich Analysten aber vor allem darüber, dass in den chinesischen Zeitungen über den Vorfall auf den Titelseiten berichtet wurde. Dies könnte eine Folge der weltweiten Kritik an der chinesischen Informationspolitik zum Ausbruch der Lungenkrankheit SARS sein, hieß es in Peking. Dennoch blieben viele Fragen zum Hergang des Unfalls offen.

Zweifel an der offiziellen Darstellung

Zwar druckten die Zeitungen den Bericht der amtlichen Nachrichtenagnetur Xinhua vom Vortag ab, wonach der Unfall während einer Übung durch mechanische Probleme verursacht wurde. Doch wunderten sich Militärexperten über die hohe Zahl der Opfer. Zudem vermuten sie, dass das U-Boot nicht gesunken und die Besatzungsmitglieder nicht ertrunken sind, da in der Xinhua-Meldung Bergungsarbeiten nicht erwähnt werden.

Anzahl der Toten gibt Rätsel auf

Möglicherweise habe es an Bord ein Feuer gegeben, sagte ein Militärexperte. Auch ein Zusammenstoß sei nicht auszuschließen. Normalerweise sei das U-Boot der Ming-Klasse für neun Offiziere und 46 Matrosen ausgelegt. "Wo kommen die zusätzlichen 15 her" fragte der Experte weiter. Andere Militärexperten spekulierten, dass möglicherweise ein Gas-Leck - Kohlenmonoxid aus den Diesel-Motoren - die Unfallursache war.

Die Informationspolitik der chinesischen Regierung war in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit dem Ausbruch der lebensgefährlichen Lungenkrankheit SARS weltweit als unzulänglich kritisiert worden. Der seit März regierende neue Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas, Hu Jinato, hatte schließlich eine freie und umfangreiche Berichterstattung zu der Seuche zugelassen. Das chinesische Militär ist traditionell für seine Öffentlichkeitsscheue bekannt. Es steht weiter unter dem Oberbefehl des früheren chinesischen Präsidenten Jiang Zemin, der letztlich auch politisch in der Volksrepublik hinter den Kulissen die Fäden zieht.

Berichte nur mit Zustimmung Jiang Zemins

"Das ist ein schwerer Vorfall. Jiang Zemins Zustimmung ist notwendig, wenn man darüber berichten will", verlautete aus chinesischen Militärkreisen. "Durch die Berichterstattung versucht Jiang sich selbst die Absolution zu erteilen, seine Hände in Unschuld zu waschen." Wer immer dafür verantwortlich sei, werde auch zur Verantwortung gezogen, hieß es weiter in den Kreisen. Dies sei ein erster wichtiger Schritt in Richtung politischer Transparenz.

Unfallort unbekannt

Xinhua hatte berichte, das konventionell betriebene U-Boot sei in einen Hafen, der allerdings nicht genannt wurde, geschleppt worden. Auch ist nicht klar, wann sich der Unfall in den chinesischen Hoheitsgewässern ereignete. In Militärkreisen wurde das Unglück als eines der schlimmsten in der Geschichte der Seefahrt des kommunistischen China bezeichnet. Die Volksbefreiungsarmee hat 2,5 Millionen Menschen unter Waffen und eine Flotte von etwa 90 U-Booten, darunter 13 der Ming-Klasse, die laut dem Fachblatt "Jane's Defence Weekly" 60 Tage ohne Nachschub im Einsatz sein können.

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