Hitze-Chaos in Australien Down Under tobt der "Wasserkrieg"

Von Brigitte Zander
Australien leidet unter Rekordhitze: Die Temperaturen erreichen seit Wochen 40 Grad. Nun tobt Down Under ein "Wasserkrieg". Nachbarn zeigen Verschwender an, selbst der Wasserminister wurde schon ein Opfer der Diffamierungen.

Die extreme Trockenheit im Südwesten des fünften Kontinents zwingt die Bürger zu rigiden Sparmaßnahmen. In der Millionenmetropole Melbourne, wo die internationale Tenniselite in dieser Woche bei Temperaturen bis 40 Grad um den Sieg kämpft, gilt seit Anfang des Jahres die Sparstufe drei beim privaten Wasserverbrauch. Bürger dürfen ihre Gärten nur noch mit einem Schlauch zweimal wöchentlich frühmorgens und spätabends wässern: In Häusern mit geraden Nummern dienstags und samstags, in ungeraden mittwochs und sonntags. Automatische Sprinkleranlagen und das Reinigen von Pflaster- und Asphaltflächen per Schlauch sind tabu. Wer sein Auto waschen oder den Pool auffüllen will, muss das Wasser in Eimern anschleppen.

Eine neue installierte 140 Mann starke "Wasser-Wacht" patroulliert auf der Suche nach Verschwendern selbst durch entlegenste Vororte. Verstöße können ad hoc mit 430 Dollar (1 Aussie-Dollar = rund 0,60 Euro) Bußgeld geahndet werden. Notorische Wasservergeudung kostet bis zu 8500 Dollar Buße oder einen Monat Haft.

Die Angst vor Spionen und Diffamierung bleibt

Über eine Telefon-Hotline kann jeder Bürger illegalen Wasserverbrauch in der Nachbarschaft melden, was auch weidlich geschieht. Tausende von meist anonymen Anrufen sind schon eingegangen. "Man fühlt sich rundherum bespitzelt", klagt der Hobbygärtner Walter Jurgens aus dem Vorort Narre Warren South, der seine Blumen mit gesammeltem Regen- und Abwasser frisch hält. Dieses so genannte "Grey Water" (Gebrauchswasser) fällt nicht unter die Restriktionen. Trotzdem bekam der Werkzeugmacher, Sohn einer Auswandererfamilie aus Lüdenscheid, vor einigen Tagen einen anonymen Warnbrief, seine "illegale Wasserverschwendung" werde nun angezeigt. "Wir haben der Sprüherei lange genug zugesehen; jetzt reicht's". Jurgens hat seitdem ein Schild mit der Information "Hier wird nur recyceltes Wasser benutzt" an den Gartenzaun gehängt. "Aber die Angst vor Spionen und Diffamierung bleibt." Das trifft auch die Prominenz. In Adelaide wurde jetzt der Wasserminister des Landes Südaustralien, Michael Wright, angezeigt, weil er nachts verbotenerweise seine Sprinkleranlage eingeschaltet hatte. Er entschuldigte sich öffentlich und versprach, zusätzlich zum Bußgeld eine Spende an eine Wohltätigkeitsorganisation zu überweisen.

In vielen ausgedorrten Regionen, von Brisbane bis Perth, gelten ähnliche Wassersparauflagen wie in Melbourne. Vielerorts dürfen Schulen und öffentliche Sportclubs ihren Trainingsrasen nicht mehr sprengen. Amateurmannschaften absolvieren ihre Tennis-, Cricket-, Soccer- und Bowling-Runden auf gelb verbranntem Heuboden oder am Strand. Undichte städtische Schwimmbäder werden geschlossen. Bürger sind aufgerufen, gefährdete Straßen- und Parkbäume zu "adoptieren" und regelmäßig mit Abwasser zu gießen. Edle Golfclubs verschulden sich; um ihren Mitgliedern satte Greens zu präsentieren, müssen sie Wasser im Internet ("Waterfind.com.au") ersteigern, wo der Megaliter bis zu 2000 Dollar kostet; mit steigender Tendenz.

Es kann noch schlimmer kommen. Während Wirbelstürme mit Regensturzfluten den tropischen Norden des Kontinents überziehen, leidet der Süden, vor allem die Bundesstaaten Viktoria und New South Wales, unter einer Jahrhundertdürre. Staudämme sind auf Drittel ihres Vorrats geschrumpft. Im einst so fruchtbar-feuchten Farmland der beiden größten Flüsse Darling und Murray, wo normalerweise 40 Prozent der australischen Agrargüter produziert werden, vertrocknen Korn- und Weinfelder zu braunem Gestrüpp.

Die Dürre bewegt zum Umdenken

Der Wassermangel stresst die ansonsten eher phlegmatischen Aussie-Politiker. Hektisch werden millionenteure Pipeline-Pläne und Entsalzungsanlagen diskutiert, die seit Jahren in der Schublade liegen. Die Wasserminister von Viktoria und New South Wales streiten sich, wer wieviel Liter aus dem Murray, dem gemeinsamen Grenzflug, abzweigen darf. Premierminister John Howard diskutiert lautstark, die Wasserwirtschaft ganz unter Bundesgesetzgebung stellen. Bisher ein Tabuthema.

Aber die Dürre rüttelt an liebgewordenen Traditionen. Und sensibilisiert die Bevölkerung erstmals für Probleme wie Klimawandel und Umweltschutz. Rund 90 Prozent der Bürger halten die Umweltpolitik inzwischen für ein wichtiges Thema, das auch die diesjährigen Regierungswahlen entscheiden könnte. Nachdem der neue Oppositionsführer der Labourpartei, Kevin Rodd, sich als Grüner profiliert, hat Premier Howard sofort eine Umweltschutz-Task-Force ins Leben gerufen. Und in den Kirchen wird Gott intensiv um Regen gebetet. Meterologen prophezeihen, dass die Gebete frühestens zum australischen Herbst, im April und Mai, erhört werden.

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