Weltrevolution

Auch an den Tagen danach knisterte es zwischen uns beiden, wenn Cindy neben mir am Schreibtisch tänzelte, ihre Story-Ideen vorstellte und Fotos dazu zeigte. Dann warf sie sich mir gegenüber in den Stuhl für Gäste, riss einen der gelben Notizzettel von meinem Block, schrieb etwas und reichte es mir. Darauf stand: "Ich will dich jetzt."

Unser Luxusbus mit Eskorte fuhr an einem "Kinderpalast" vor, wie es sie auch in der DDR gegeben hatte. Ohrenbetäubender Lärm. Hunderte Grundschülerinnen in gebügelten, strahlendweißen Hemden und mit roten Halstüchern der sozialistischen Kinderorganisation Junge Pioniere riefen im Dauersprechchor "huanying, huanying, relie huanying", "willkommen, willkommen, wärmstens willkommen".

Oft mussten wir als Reporter von Knall zu Angehörigen von Verbrechensopfern. Chefredakteur Zanderl nannte das "Witwen schütteln".

Während sich der Westen und ich für Gorbatschow begeisterten, zügelten die Menschen in der Sowjetunion ihren Überschwang, auch meine Kollegen beim Progress-Verlag. Gorbatschows Glasnost, Offenheit, brachte Keime von Pressefreiheit, über die Verbrechen Stalins oder die Mafia durfte geschrieben werden.

Teasertext