Urteilsverkündung Höchststrafe für die Mörder von Tom und Sonja

Die Kinderschänder Markus Lewendel und Markus Wirtz sind zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine frühzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen.

"Wirtz und Lewendel haben etwas ganz Furchtbares getan, für das es Vergebung nicht gibt." In seinen Jahren bei Gericht habe er noch keinen Mordfall wie den "verachtenden, kaltherzigen und unbegreiflichen" an den Geschwistern Tom und Sonja verhandelt, sagte Gerd Nohl, Vorsitzender Richter der Schwurgerichtskammer beim Aachener Landgericht. Das am Montag verhängte Strafmaß von lebenslanger Haft in Verbindung mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld werde für die Mörder und Kinderschänder "vielleicht schlimmer als die Todesstrafe".

Starre Gesichter im Gerichtssaal

Die beiden Männer, die am 30. März dieses Jahres den elf Jahre alten Tom und seine neunjährige Schwester Sonja in Eschweiler entführt, den Jungen erwürgt und das Mädchen nach tagelangem sexuellen Missbrauch ebenfalls ermordet hatten, verfolgten im voll besetzten Gerichtssaal 339 die Ausführungen Nohls mit starren Gesichtern. Einzig Wirtz rannen bei der Schilderung des Tathergangs noch einmal ein paar Tränen über die Wangen. Der 34 Jahre Lewendel schaute durch die Fenster des Gerichtssaales, wo die vorweihnachtliche Sonne schien.

Er und der 28 Jahre alte Wirtz werden nach den Worten des Richters in der Haft "auf der untersten Stufe stehen als Kindermörder und Kinderschänder". Beide Männer könnten sich im Gefängnis "auf lange Sicht nicht sicher bewegen". Gleichzeitig wies der in Schwurgerichtsverfahren erfahrene Nohl darauf hin, dass es nicht Aufgabe seiner Kammer gewesen sei, "hinzurichten". Vielmehr solle mit dem Prozess gegen die beiden Männer und das Urteil "ein Schlusspunkt für alle gesetzt und eine Hilfestellung zum Neuanfang für alle von der Tat Betroffenen gegeben" werden. Allerdings werde für die Eltern von Tom und Sonja die Bürde durch "diese sinnlose und unfassbare Tat" vermutlich ihr ganzes Leben lang dauern.

Täter bildeten "verhängnisvolle Gemeinschaft"

Für das Gericht steht nach achttägiger Hauptverhandlung im streng gesicherten Gerichtssaal fest, dass Wirt und Lewendel bei der Planung und Ausführung des Verbrechens "gleichwertige Partner" waren. Bei beiden Männern handelt es sich laut Nohl um "eher ängstliche, feige und harmlose" Menschen, die zusammen allerdings "eine verhängnisvolle Gemeinschaft" eingegangen seien. Beide Männer seien "Looser" gewesen, deren Werdegang allerdings "keine Erklärung für das schreckliche Geschehen" im Frühjahr gebe.

Dies hatten auch die psychiatrischen Gutachter so gesehen, die beiden Männern volle Schuldfähigkeit zugesprochen hatten. Wirtz und Lewendel hätten sich "in unbarmherziger und tragischer Weise ergänzt". Keiner von ihnen sei wohl alleine zu dieser grausamen Tat fähig gewesen, betonte Nohl. Tom habe sterben müssen, "weil er die Täter bei den weiteren geplanten Verbrechen störte". Sonja hätten die Männer nach einem zweitägigen Martyrium getötet, "weil man sie nicht mehr brauchen konnte". Beide Opfer verbrachten die Mörder nach den Worten des Richters in ein Waldgelände und ließen die kleinen Leichen "wie schnell und eilig weggeworfenen Müll und Abfall" liegen.

"Ein gutes Urteil"

Im Gerichtssaal herrschte während der gesamten Urteilsbegründung gespannte Stille. Mancher Zuhörer wischte sich beim Verlassen des Saals Tränen aus den Augen. "Ein gutes Urteil. Wenngleich Tom und Sonja dadurch natürlich nicht wieder lebendig werden", sagte eine alte Dame.

Zitate aus dem Aachener Prozess

"Ich gehe davon aus, dass das, was sie in den folgenden Jahren erwartet, schlimmer sein wird als der Tod. Sie werden im Gefängnis als Kindermörder und Kinderschänder auf der untersten Stufe stehen und werden sich für lange Zeit im Gefängnis gefahrlos nicht bewegen können." (Der Vorsitzende Richter Gerd Nohl am Montag in seiner Begründung der lebenslangen Haftstrafen für die Mörder der Kinder Tom und Sonja)

"Lewendel guckt zu und macht sich darüber lustig, dass der Junge nicht helfen kann. Er kann sich darüber erheben, dass der elfjährige Steppke steif vor Schreck nicht helfen kann." (Oberstaatsanwalt Albert Balke zur versuchten Vergewaltigung von Sonja durch Markus Wirtz vor den Augen ihres Bruders)

"Ich habe aufgehört, als er sich nicht mehr gewehrt hat. Es war still." (Markus Wirtz’ Schilderung des Mordes an Tom, den er erwürgte)

"Aus dem Gutachten geht hervor, dass Tom 10 bis 15 Minuten gestorben ist. Das ist eine "Tagesschau" lang." (Oberstaatsanwalt Albert Balke)

"Die Sonja hat gesagt: Ich kriege keine Luft mehr. Lewendel hat geantwortet: Das ist auch der Zweck der Sache." (Wirtz zum Todeskampf des Mädchens, nachdem Lewendel Sonja eine Plastiktüte über den Kopf gezogen hatte)

"Ich habe es nicht fertig gebracht, ihr in die Augen zu sehen." (Markus Lewendel zum Zweck der Plastiktüte)

"Das ist Tom. Das ist mein Baby." (Ein Polizeibeamter über die Reaktion der Mutter bei der Identifizierung ihres toten Sohnes)

"Hätte man die Befragung ein bis zwei Jahre vorher durchgeführt, hätte man nicht vorhersagen können, dass Lewendel die Tat durchführen würde." <(Der psychiatrische Gutachter Hans-Ludwig Kröber)

"Ich muss auch sagen, dass ich für die Kammer keinen Weg sehe, die besonders schwere Schuld nicht feststellen zu können." (Markus Lewendels Anwalt Wolfram Strauch in seinem Plädoyer)

"Wie sollen Eltern angesichts dieser Geschehnisse ihre Kinder schützen?" (Oberstaatsanwalt Albert Balke in seinem Plädoyer)

"Durch die sinnlose und unfassbare Tat haben die Eltern ihre beiden Kinder verloren. Sie wurden ihnen ein zweites Mal genommen durch die Obduktion, durch das Strafverfahren und die Sensationslust vieler, die gleich alles besser wussten. (...) Ich hoffe, dass bei den Eltern eine relative Ruhe einkehren wird. (...) Und ich hoffe, dass sie allein und schweigend das Grab ihrer Kinder besuchen können, ohne dass sie Fragen beantworten müssen." (Richter Gerd Nohl in der Urteilsbegründung)

"Ich habe bis zur Urteilsbegründung wegen der Stimmen auf der Straße, am Stammtisch und im Bus überlegt, ob ich das Urteil im Namen des Volkes verkünden soll. Ich habe es getan in der Hoffnung, dass die Mehrheit unser Urteil versteht." (Richter Gerd Nohl in der Urteilsbegründung)

AP
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