Ein Familienvater hat in den USA ein Massaker an Mädchen in einer Schule der tiefgläubigen Amish verübt. Offenbar aus einem Gefühl der Rache heraus stürmte der 32-jährige Milchwagenfahrer Charles Carl Roberts in die Ein-Raum-Schule der schweizstämmigen Gemeinschaft im Bundesstaat Pennsylvania. Er war mit einer halbautomatischen Pistole, einem Gewehr, einer Flinte und zwei Messern bewaffnet.
Der Polizei zufolge ließ er 15 Jungen, eine Schwangere sowie drei Frauen mit Babys frei. Dann reihte er die Mädchen an der Tafel auf und fesselte sie an den Füßen. Roberts warnte die Polizei, nicht näher zu kommen. Seine Opfer habe er "aus nächster Nähe, wie bei einer Hinrichtung, durch einen Schuss in den Hinterkopf" getötet, so die Polizei. Als die Schüsse zu hören waren, stürmten zehn Beamte den Raum, dessen Türen der Mann verbarrikadiert hatte. "Eines der Kinder starb in den Armen eines unserer Beamten", sagte ein Polizeisprecher.
Kurz vor der Schießerei rief Roberts den Angaben zufolge noch seine Frau an und sagte, er räche sich für etwas, das vor 20 Jahren geschehen sei. Noch am Morgen habe er seine eigenen drei Kinder zum Schulbus gebracht, ohne dass ihm etwas angemerkt worden sei, hieß es weiter. Seiner Familie habe er einen ausschweifenden Abschiedsbrief hinterlassen. "Er war auf das Leben wütend und er war auf Gott wütend", sagte der Polizeisprecher. Möglicherweise habe der Mann, der nicht zu den Amish gehörte, irgendwann ein Kind verloren. Einzelheiten gab die Polizei zunächst nicht bekannt.
Offenbar hatte der Täter eigentlich eine Geiselnahme geplant, hieß es weiter. Er habe neben den Waffen noch 600 Schuss Munition, diverse Werkzeuge wie einen Hammer, Draht und eine Metallsäge sowie einen Eimer mit frischer Wäsche bei sich gehabt.
Die Anwohner zeigten sich entsetzt, dass so etwas in ihrer Gemeinde vorgefallen sei. "In der ganzen Stadtgemeinde mit etwa 30.000 Menschen haben wir keine Polizei, denn es gibt einfach so gut wie kein Verbrechen", sagte ein Besitzer eines Kutschenladens dem Sender CNN. "Viele dieser Gemeinden haben keine Polizei." Ein Anwohner der Schule sagte, er wisse noch gar nicht, wie er auf das Massaker reagieren solle. "Wir hatten noch nie so ein Problem", sagte er.
Die Amish sind eine konservative Gruppe der Mennoniten, die sich 1693 in Europa abspalteten. Sie wanderte später in die USA aus und siedete sich insbesondere in Pennsylvania und Ohio an. Bis heute werden Messen auch auf Deutsch abgehalten. Die Amish lehnen viele Aspekte des modernen Lebens ab, unter anderem Kraftfahrzeuge. An der Georgetown School im Landkreis Lancaster etwa 100 Kilometer westlich von Philadelphia wurden 26 Schüler im Alter zwischen sechs und 13 Jahren unterrichtet. Die Gemeinde selbst hat 300 Einwohner.
Erst Vergangene Woche hatte ein Obdachloser in einer Schule im Bundesstaat Colorado eine Schülerin erschossen und sich dann das Leben genommen. Am Freitag hatte ein Schüler in Wisconsin den Rektor seiner ehemaligen Schule erschossen. Präsident George W. Bush zeigt sich über die Serie entsetzt. Bei einem Treffen von Vertretern der Justiz, Polizei und Bildung solle erörtert werden, wie der Bund helfen könne, um Schulen sicherer zu machen. Für die kommende Woche sei eine Konferenz geplant, an der etwa FBI, Lehrer- und Elternvertretungen teilnehmen sollten.