Im Fall der verschwundenen 17-jährigen Anneli aus Sachsen suchen Dutzende Beamte seit Tagen nach der mutmaßlich entführten Jugendlichen. Nach einem Zeugenaufruf vom Sonntag gingen knapp 20 Hinweise ein, die nun zügig abgearbeitet werden, sagte der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Lorenz Haase, am Montag.
Die Gymnasiastin war vor vier Tagen unweit von Luga bei Meißen verschwunden. Die Polizei geht auch wegen einer Lösegeldforderung von Entführung aus. "Wir ermitteln wegen erpresserischen Menschenraubes", sagte Haase.
Anneli hatte das Wohnhaus ihrer Eltern nach Angaben der Ermittler am Donnerstagabend gegen 19.30 Uhr mit dem Hund der Familie verlassen. Nach deren Erkenntnissen verschwand die Gymnasiastin auf einem asphaltierten Feldweg zwischen Luga und der Bundesstraße 101. Ein Spürhund hatte die Polizei zu einem nahe gelegenen Hof geführt, der Freitagmorgen von einem Sondereinsatzkommando durchsucht worden war.
Behörden halten sich bedeckt
Jedoch ohne Erfolg, der Teenager wurde dort nicht gefunden. Dafür ist der Hund der Familie wieder da, wie ein Polizeisprecher sagte, ohne Details zu nennen.
Die Behörden halten sich aus ermittlungstaktischen Gründen in dem Fall bedeckt. Es wurde eine separate Leitstelle gebildet. "Zwei Dutzend Beamte sind seit Donnerstagabend rund um die Uhr im Einsatz", sagte der Polizeisprecher. Nach unbestätigten Berichten mehrerer Medien soll es um eine hohe Lösegeldsumme gehen. Die Eltern des Teenagers, die als Unternehmer tätig sein sollen, hatten in einem Offenen Brief am Wochenende den Entführern versichert, "dass wir die angezeigten Forderungen erfüllen werden, um unser Kind bald in die Arme nehmen zu können".
Im Zeugenaufruf der Polizei wurde Annelie als 1,72 Meter groß und von schlanker Statur beschrieben. Sie habe lange, glatte braune Haare und zum Zeitpunkt des Verschwindens ein helles Oberteil mit dünnen blauen Streifen sowie kurze blau-graue Jeans getragen.
"Ich beneide die Kollegen in Sachsen nicht"
Die Beteiligung der Öffentlichkeit erschwert nach Einschätzung eines Kriminalisten die Suche nach der mutmaßlich entführten 17-Jährigen. "Das macht es jetzt nicht einfacher, ganz im Gegenteil", sagte der Vize-Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Ulf Küch, der Deutschen Presse-Agentur.
"Die Ermittlungen sind ein hochkomplexes und sehr brisantes Thema, das höchste kriminalistische Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt", sagte Küch. Nachdem die Eltern und die Polizei mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen sind, könnten die Ermittler nun nicht mehr im Stillen agieren. "Ich beneide die Kollegen in Sachsen nicht."
Küch, der Kripo-Chef in Braunschweig ist, sagte, das vorrangige Ziel der Polizei sei jetzt, das entführte Mädchen zu finden. "Der Opferschutz steht ganz groß im Vordergrund, und die Polizei muss jeden Schritt abwägen, den sie macht. Es geht nur darum, das Leben der jungen Frau zu retten. Die Strafverfolgung steht da im Augenblick ganz, ganz hinten an."