Ein fast perfekter Mord an einem Rot-Kreuz-Sanitäter am Ende eines bizarren Beziehungsdramas steht im Mittelpunkt eines Strafprozesses vor dem Augsburger Landgericht. Eine 31-jährige Frau und deren früherer Liebhaber werden beschuldigt, den 45 Jahre Ehemann der Angeklagten vergangenen Januar in Königsbrunn bei Augsburg mit einem tödlichen Medikamenten-Mix umgebracht zu haben. Sowohl die beiden Beschuldigten als auch das Opfer waren ehrenamtlich als Rettungssanitäter für das Rote Kreuz tätig.
Der Mord kam erst Tage nach der Beerdigung der 45-Jährigen ans Licht: Nachdem Sanitäter-Kollegen misstrauisch wurden, konnten Rechtsmediziner Spuren von beim Roten Kreuz entwendeten Medikamenten im Blut des Opfers nachwiesen.
Hintergrund der Tat waren offenbar vielfältige Beziehungen der angeklagten Sanitäterin. Sowohl das Opfer als auch der Ex-Liebhaber waren den Ermittlungen zufolge im festen Glauben, Vater jeweils eines der fünf und acht Jahre alten Kinder der Frau zu sein. Zeitweise lebten die beiden Männer mit der Frau zusammen in einer Doppelhaushälfte.
Ehemann und Liebhaber belogen
Erst die Ermittlungen der Polizei nach dem Mord ergaben, dass die 31-jährige Angestellte sowohl ihren Ehemann, als auch ihren Liebhaber belogen hatte.
Laut Gentests stammten Sohn und Tochter von unterschiedlichen Vätern, aber weder vom Opfer noch vom Mitangeklagten. Während die Frau die Mitwirkung an der Tat bestritt, legte ihr Ex-Freund zu Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis ab. Demnach habe er sich von einem Rot-Kreuz-Kollegen eine Reihe Narkose- und Kreislaufmittel aus dem "Giftschrank" der Rettungswache besorgt.
Die Ehefrau habe ihren damals bereits getrennt von ihr lebenden Mann unter einem Vorwand in das Doppelhaus gelockt und ihm einen mit Schlafmitteln versetzten Milchshake zum Trinken gegeben. Als dem 45-Jährigem schlecht wurde, habe ihn die Frau überredet, sich eine Infusion aus einem Sanitätskoffer legen zu lassen. Als das Opfer wenig später bewusstlos geworden sei, hätten beide ihm den Medikamenten-Mix aus drei Ampullen in einen intravenösen Zugang gespritzt. "Es ist durch nichts zu verzeihen, was geschehen ist", sagte der Ex-Liebhaber vor Gericht und bat die Angehörigen des Opfers um Vergebung. Obwohl er der Angeklagten den Mord habe ausreden wollen, habe er am Ende bei der Tat mitgemacht.
Angeklagte beteuert Unschuld
"Ich hatte das Gefühl, dass ich ihr hörig bin. Ich konnte mich einfach nicht losreißen von ihr." Er sei jedoch davon ausgegangen, dass der 45-Jährige den Medikamenten-Cocktail überleben werde, versicherte der Rettungsstellen-Mitarbeiter. Die Angeklagte beteuerte dagegen ihre Unschuld. Mehrmals den Tränen nahe, beschreib sie, wie sie an jenem Abend selbst mit Reanimationsversuchen um das Leben ihres Mannes kämpfte. Sie habe nichts davon mitbekommen, ob ihr Ex-Freund dem Sanitäter Medikamente gespritzt habe oder den Milchshake mit Schlafmittel versetzt habe, da sie nicht die ganze Zeit mit den beiden im Raum gewesen sei.
Staatsanwalt Matthias Nickolai warf den Angeklagten heimtückischen Mord vor. Der Frau legte er Habgier als Motiv zur Last. Da sich ihr Mann inzwischen scheiden habe lassen wollen, habe sie um die gemeinsame Doppelhaushälfte gefürchtet. Insgesamt sei es ihr um ein Erbe in Höhe von über 140.000 Euro, sowie die Hinterbliebenenrente für sich und die beiden Kinder gegangen, um ihren Lebensstil beibehalten zu können.