Justiz-Stilblüten Von Massenmädchen und verlorenem Übergewicht

Aus der Justiz-Korrespondenz lässt sich manches lernen: Etwa, dass die Polizei Raser auf 50 Zentimeter genau orten kann, dass auf der Straße liegende Männer den Verkehr gefährden und dass man Übergewicht am Besten durch Hinfallen verliert.

Die Justiz ist eine ernste Sache. Aber sie präsentiert sich manchmal auch vergnüglich - allerdings unfreiwillig. So hieß es im Urteil einer Jugendkammer: "Dem Einfluss der Massenmädchen, die nur zu häufig in aufdringlicher, anreißerischer Form sexuelle Dinge in den Vordergrund stellen, sind in sich noch nicht gefestigte junge Leute schutzlos ausgeliefert." Den Massenmedien traute der Verfasser der Urteilsausfertigung wohl so etwas nicht zu. Lesern fällt dabei auf, wie nah sich Mädchen und Medien zumindest akustisch sind.

Dieses Urteil ist eines der Zitate aus dem Justizbereich, die der Oberstaatsanwalt Wilfried Ahrens (Göttingen) in einer Neuerscheinung des Verlags C.H. Beck mit dem Titel "Der Angeklagte erschien in Bekleidung seiner Frau" gesammelt hat.

Zeugung mit Lärm von mehr als 75 Dezibel ist zu unterlassen

Um Akustisches, in diesem Fall Lärm bei abendlichen Festen in einem Freizeitpark, geht es auch beim Antrag eines Anwalts, der für seinen Klienten beim Verwaltungsgericht erreichen wollte, dass zu bestimmten Zeiten weniger Lärm erzeugt würde. Der Antrag erlangte bei Gericht in der vorliegenden Fassung beachtliche Popularität: "... dass im Stadtpark die Zeugung mit Lärm von mehr als 75 Dezibel in der Zeit von 8-22 Uhr und um mehr als 50 Dezibel in der Zeit von 22-8 Uhr zu unterlassen ist."

Nächtlicher Lärm veranlasste auch die Anzeige eines Anwohners einer an sich verkehrsberuhigten Straße gegen die Lastzüge, die hier nächtens mit "mindestens 80-90 km/h, geschätzt 120 km/h" durchgedonnert seien: "Als Zeuge stehe ich jederzeit zur Verfügung, denn die Wahrnehmungen habe ich selbst gemacht, so dass meine Frau und ich ab vier Uhr keinen Schlaf mehr finden konnten, eine Tatsache, die allgemein bekannt ist und die auch sicherlich zu Weiterungen führen wird, wie mir der Leiter Ihres Kommissariats bereits zugesichert hat."

1340 Meter Abstand eindeutig zu wenig

Gelegentlich geäußerte Vorbehalte gegen technische Justizhilfen, etwa Messgeräte bei der Kontrolle des Straßenverkehrs, erscheinen unangebracht, wenn man liest, wie selbst extreme Spitzengeschwindigkeiten und erstaunliche Abstände penibel aufgezeichnet werden: "Tatvorwurf: Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 453 km/h den erforderlichen Abstand von 226,5 Meter zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein. Ihr Abstand betrug 1340 Meter und damit weniger als 4/10 des halben Tachowerts. Toleranzen sind zu Ihren Gunsten berücksichtigt. Beweismittel: Messgerät Police Pilot PDRS-1245, Video-Band-Aufzeichnung."

Gefahr droht laut Polizeieinschätzung im Straßenverkehr nicht nur durch solche Spitzengeschwindigkeiten. In einem Strafantrag heißt es: "Der Beschuldigte legte sich mit seinem Körper auf die Fahrbahn der Bundesstraße. Er hat dadurch dem Kombifahrer ein Hindernis bereitet. Dieser Fahrer hätte bei seinem Ausweichmanöver ins Schleudern geraten, sich mit seinem Fahrzeug überschlagen und getötet werden oder sogar gegen einen dort stehenden Lindenbaum fahren können."

Nicht meinen Kopf auf einem nackten fremden Körper

Sogar im parkenden Auto sitzend kann man sich im Internetzeitalter früher nicht denkbaren Gefahren aussetzen. Eine Frau erstattete Anzeige gegen einen unbekannten Mann, der sie in dieser Situation fotografierte. Die schon auf die sechzig zugehende Dame befürchtet einen Missbrauch des Fotos. Sie möchte nicht, dass ihr 94-jähriger Vater beim Surfen im Internet "meinen Kopf auf einem nackten fremden Körper sieht".

Relativ harmlos verlief dagegen die Kollision einer Radfahrerin mit einem Fußgänger: "Hierauf verlor die Radfahrerin das Übergewicht und kam zu Fall", konstatiert der Bericht über den Zusammenstoß.

Von der Verfehlung, Jugendlicher zu sein

Schicksal und Verbleib eines Leoparden, den ein gewisser Herr Schneider in Südafrika erlegte, beschäftigten eine Zeit lang etliche Adressen der Justiz. Im Brief des Leiters eines Schulmuseums in der Angelegenheit heißt es: "... bitte ich nochmals höflich um Überlassung des beschlagnahmten Leopardenfells mit Schädel von Herrn Schneider für unser naturkundliches Schulmuseum."

Über einen bei der Polizei auffällig gewordenen Jugendlichen urteilte die Jugendgerichtshilfe: "Wir nehmen an, dass es sich bei dem Jugendlichen um eine einmalige Verfehlung handelt."

Früher einmal fehlte es der Polizei an Beamtinnen, um die Vorschrift erfüllen zu können, die eine körperliche Untersuchung von Personen weiblichen Geschlechts nur einem Arzt oder einer Frau erlaubt. Darüber berichtete eine Zeitung unter der Überschrift: "Polizei sucht Frauen zum Abtasten."

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Rudolf Grimm/DPA

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