Tödliches Familiendrama in Neuss Polizei fahndet nach Ehemann

Wieder ein Familiendrama im Rheinland: In Neuss finden Polizisten die Leichen einer Mutter und ihrer beiden Kinder. Sie wurden vermutlich erschossen. Die Polizei sucht nun den Ehemann der 26-Jährigen.

Zwei Kinder und ihre 26-jährige Mutter sind in ihrer Wohnung im rheinischen Neuss Opfer eines Verbrechens geworden. Die drei seien vermutlich erschossen worden, sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa am Dienstag in Düsseldorf. Vom Ehemann der Frau fehlt jede Spur. Nach dem Mann werde gefahndet. Polizisten waren am Montagabend in der Wohnung in einem bürgerlichen Wohnviertel auf die Leichen des vierjährigen Jungen, seiner achtjährigen Schwester sowie ihrer Mutter gestoßen.

"Uns interessiert der Aufenthaltsort des Ehemanns", sagte ein Sprecher der Polizei Neuss. Um 14 Uhr wollen Polizei und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit bei einer Pressekonferenz informieren. Zuvor sollten am Vormittag Obduktionen Aufschluss über die genauen Todesursachen der drei Opfer geben. Ob die Tatwaffe in der Wohnung lag, wollten die Ermittler zunächst nicht preisgeben. Auch weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

In den vergangenen Wochen hatten mehrere Familiendramen bundesweit für Aufsehen gesorgt, darunter drei in Nordrhein-Westfalen. "Gewalt ist in der Regel ein Beziehungsdelikt. Es ist wahrscheinlicher, innerhalb der Familie Gewalt zu erleiden, als das Opfer eines Unbekannten auf der Straße zu werden", sagte Kriminologe Andreas Ruch von der Universität Bochum am Dienstag auf Anfrage. Einen statistisch belastbaren Zusammenhang wie etwa die Ferienzeit sieht der Experte nicht.

Nachbarin rief die Polizei

Die Beamten waren am frühen Abend von einer Zeugin in die Neusser Nordstadt gerufen worden. Die Frau hatte sich gemeldet, weil niemand die Tür zu der Wohnung im ersten Stock geöffnet hatte, obwohl Musik zu hören war. Die Polizei ließ die Tür von einem Schlüsseldienst öffnen. In der Wohnung fanden die Polizisten die drei Toten. Zeitweise drängten sich mehr als 50 Schaulustige im Dunkeln vor der weitläufigen Absperrung auf der Straße. Am Dienstagmorgen deutete vor dem Haus nichts mehr auf das Verbrechen hin.

Erst Anfang August (3.8.) waren nach einem Wohnungsbrand in Dortmund drei tote Kinder entdeckt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass die 29 Jahre alte Freundin des Vaters die zwei Jungen und ein Mädchen ermordet hat. Knapp eine Woche später (9.8.) hatte ein 27 Jahre alter Mann in Oberhausen einen acht Jahre alten Jungen mit einem Messer erstochen. Zwei Tage später (11.8.) kam in Essen ein siebenjähriges Mädchen um - seine Mutter soll zuerst das Mädchen und dann sich selbst getötet haben.

In der vergangenen Woche hatte im oberbayerischen Emmering eine Mutter ihre beiden kleinen Söhne und sich selbst umgebracht. Wenige Tage zuvor hatte im Allgäu ein Familienvater seine vier und zehn Jahre alten Söhne getötet, dann hatte sich der 44-Jährige an einem Bagger erhängt.

Zahl der Gewaltdelikte gegen Kinder seit Jahrzehnten unverändert

Fast jedes zehnte Opfer von Mord und Totschlag in Deutschland war laut der Kriminalstatistik des vergangenen Jahres ein Kind, also noch keine 14 Jahre alt. Aber der Bochumer Kriminologe Andreas Ruch hat darauf hingewiesen, dass die Zahl der Gewaltdelikte gegen Kinder seit Jahrzehnten unverändert ist: Auf 100 000 Kinder kommen statistisch 0,7 vollendete Tötungsdelikte pro Jahr.

DPA
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